von RAin Stephanie Kleine
Mit Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses verlieren die meisten Versicherungsvertreter oftmals auch Ihre Bestandsprovision. Dagegen wehrte sich jedoch nun ein Handelsvertreter vor dem Landgericht Köln und bekam Recht.
Der Kläger war seit etwa 11 Jahren als Handelsvertreter für die Beklagte tätig. Das Rechtsverhältnis endete jedoch zum 31.03.2014.
Der zwischen den Parteien geschlossene Vertretervertrag enthielt hierbei unter anderem folgende Klauseln:
Ziffer 11:
„Mit Beendigung des Vertragsverhältnisses erlischt jeglicher Anspruch des Vertreters auf irgendwelche Vergütungen oder Provisionen.“
Ziffer 1.5:
„Der Bestandspflegeprovisionsanspruch erlischt mit der Zahlung des vollen Jahresbeitrages, bei ratierlicher Zahlungsweise pro-rata-temporis. Soweit der Agenturvertreter Bestandsprovisionen erhalten hat, für die entsprechende Beiträge nicht entrichtet wurden, sind die Bestandsprovisionen voll bzw. anteilig zurückzuzahlen.“
Der Kläger hat ausgeführt, dass ihm eine Bestandspflegeprovision bereits nach §§ 87, 87 a HGB zustehe. Nach § 87 a Abs. 1 HGB entsteht der Provisionsanspruch mit der Zahlung der Versicherungsbeiträge. Durch die Zahlung des Kunden fiel die Provision bereits für den Zeitraum vollständig an. Der Kläger forderte zudem nur Provision, welche bis zur Beendigung am 31.03.2014 verdient wurde. Zudem ist eine Kündigung des Versicherungsvertrages erst wieder im Folgejahr möglich, so dass der Versicherungsvertrag für das gesamte Jahr zustande gekommen ist.
Die Beklagte hingegen ist der Auffassung, dass die Bestandsprovision zu kürzen ist, da diese noch nicht vollständig von der Beklagten verdient war und nach Ausscheiden des Klägers auch nicht mehr verdient werden konnte.
Auch stelle Ziffer 11 des Vertrages einen nachvertraglichen Provisionsverzicht dar sowie Ziffer 1.5 eine bloße Fälligkeitsregelung, deren endgültiges Verdienen der Bestandsprovision von weiteren Voraussetzungen abhänge. Der Vertreter erhält die eingeklagte Provision ausschließlich für die Pflege und Betreuung der Kunden. Dies kann jedoch nach Beendigung des Vertrages nicht mehr gewährleistet werden.
Das LG Köln folgte letztlich den Ausführungen des Klägers und verurteilte die Beklagte zur Zahlung der beantragten Bestandspflegeprovision.
Das Gericht geht aufgrund der Ziffer 1.5 des Vertretervertrages davon aus, dass mit der Zahlung des Jahresbeitrages die Bestandsprovision entsteht bzw. mit ratierlicher Zahlung pro-rata-temporis. Damit hat der Handelsvertreter entsprechend des gezahlten Betrages des Versicherungsnehmers auch gleichzeitig einen Anspruch auf Bestandspflegeprovision. Zahlt der Versicherungsnehmer daher bereits den Jahresbeitrag, so entsteht auch die Bestandsprovision für das komplette Jahr. Entsprechendes gilt bei einer halb-, vierteljährlichen Beitragszahlung sowie einer monatlichen Zahlung der Prämie.
Auch steht dem Anspruch nicht entgegen, dass das Vertragsverhältnis bereits zum 31.03.2014 beendet wurde. Eine ausdrückliche Regelung, dass im Falle der Vertragsbeendigung im laufenden Jahr die gezahlte Bestandsprovision zu kürzen ist oder ein Rückzahlungsanspruch besteht, wurde nach Ansicht des Gerichts weder ausdrücklich vereinbart, noch ist eine solche Regelung aufgrund ergänzender Vertragsauslegung als gegeben anzusehen.
Darüber hinaus weist das Landgericht Köln in seiner Entscheidung ausdrücklich darauf hin, dass eine zusätzliche Anspruchsvoraussetzung –wie sie in einer Vielzahl von Handelsvertreterverträgen enthalten ist- nicht vorliegt. Auch wenn die Bestandspflegeprovision im Austausch für die Pflege und Betreuung der Kundenbeziehung erfolgen soll, so erbringt der Vertreter im Rahmen der Bestandspflegeprovisionen seine Leistung dadurch, dass die Kunden bestehende Verträge nicht kündigen und fällige Prämien bezahlen. Damit ist der Erfolg, für den die Bestandsprovision gezahlt werden soll, bereits eingetreten, insbesondere ist mit der Prämienzahlung auch der wirtschaftliche Erfolg beim Unternehmen angekommen.
Der Zweck der Pflege und Betreuung nach dem Zeitpunkt der erstmaligen Prämienzahlung liegt auch nach dem darauffolgenden Zeitabschnitt darin, ein Fortbestehen der Verträge sowie die Weiterzahlung der Prämien herbeizuführen. Eine zeitliche Verknüpfung der Leistungen des Vertreters kann somit nur den Zeitraum bis zur Verlängerung des Versicherungsvertrages und der Zahlung der Prämie betreffen.
Auch führt das Gericht aus, dass selbst bei einer Übertragung der Kunden an einen Nachfolger des Handelsvertreters eine andere rechtliche Bewertung nicht besteht, selbst wenn, wie es einige Verträge vorsehen, der Nachfolger nun die Bestandsprovision oder zumindest eine Pauschale erhält.
Der Anspruch des Klägers auf Bestandspflegeprovision ist auch nicht nach § 242 BGB zurückzuweisen. Der Handelsvertreter ist nach Erhalt der Provision nicht verpflichtet diese nach § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB aufgrund des späteren Wegfalls eines rechtlichen Grundes zurück zu zahlen. Die Bestandspflegeprovision wird gerade nicht im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses vorausgeleistet, sondern besteht für die Bestandsprovision maßgebliche Leistung des Vertreters- der Fortbestand des Versicherungsvertrages sowie die Zahlung der Prämie.
Die Ziffer 11 des Vertrages bezieht sich darüber hinaus ausschließlich auf Provisionen, welche erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses entstanden sind.
Fazit
Mit diesem Urteil hat das Landgericht Köln erstmalig dem Handelsvertreter eine Bestandspflegeprovision auch nach Vertragsbeendigung zugesprochen, ohne dass dieser noch nach Beendigung eine besondere Betreuung oder Pflege des Kunden nachweisen muss. Allerdings wurde gegen dieses Urteil Berufung einlegt, so dass das Oberlandesgericht Köln nun abschließend entscheiden muss, ob dem Handelsvertreter tatsächlich nach Vertragsende auch weiterhin eine Bestandspflegeprovision zusteht. Sollte das OLG Köln das Urteil des LG Köln aufrechterhalten, so könnten sich vielzählige Unternehmen bald nicht mehr auf den Nachweis der Betreuungstätigkeit nach Beendigung berufen
– Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte –