1. Einleitung

Die Haftung des Versicherungsmaklers wird in der jüngeren Vergangenheit durch die Rechtsprechung in der Tendenz mehr und mehr ausgeweitet. Das Gesetz sieht zunächst vor, dass der Makler bei Vermittlung des Versicherungsproduktes den Versicherungsnehmer nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen hat und personen- und anlagegerecht zu beraten. Den Versicherungsvermittler trifft eine sogenannte anlassbezogene Fragepflicht, die Bedürfnisse des Kunden zu eruieren und über entsprechende Versicherungsprodukte zu beraten. Über diese Beratung hat der Vermittler sodann eine Dokumentation anzufertigen. Gesetzliche Grundlage ist hier § 61 VVG, dessen Verletzung zu einer Schadensersatzpflicht nach § 63 VVG führt. Die Pflicht zur Beratung bei der Vermittlung ist also gesetzlich kodifiziert.

Von dieser Pflicht zur Beratung bei der Vermittlung des Versicherungsvertrages ist die Frage zu unterscheiden, inwieweit der Versicherungsmakler auch gehalten ist, den Kunden fortlaufend zu betreuen, insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass bei Änderungen der Sachlage auf Seiten des Kunden der Versicherungsmakler neuen, den geänderten Gegebenheiten entsprechenden Versicherungsschutz empfiehlt. Der Gesetzgeber hat diesen Bereich der fortlaufenden Betreuung bewusst nicht geregelt, sondern diese Thematik der Rechtsprechung und Literatur zur Weiterentwicklung überlassen. So findet man derzeit einen bunten Strauß an Entscheidungen, die vielfach dem Versicherungsmakler die Pflicht auferlegen, die Verträge des Kunden fortlaufend zu verwalten und den Kunden auch fortlaufend zu betreuen.

Vielfach wurde entschieden, dass den Versicherungsmakler die Pflicht trifft, bei erkennbarem Anlass zur Anpassung des Versicherungsschutzes um die Optimierung der Versicherungsverhältnisse bemüht zu sein; verletzt der Versicherungsmakler diese Pflicht, droht selbstverständlich ein Schadensersatzanspruch seitens seines Kunden.

Der Aspekt der fortlaufenden Betreuung des Kunden durch den Versicherungsmakler sollte in der Praxis nicht unterschätzt werden, erfahrungsgemäß ist das Haftungspotenzial hier besonders hoch.

Nun gibt es mehrere Wege, diese Problematik „in den Griff“ zu bekommen. Zunächst kann durch rechtlich sauber formulierte Vertragsbestimmungen die Haftung minimiert oder gar in Teilen ausgeschlossen werden.

Die Verfasser möchten diesen Artikel dazu nutzen, dem Leser eine weitere Möglichkeit nahe zu bringen, wie der fortlaufenden Beratungspflicht Genüge getan werden kann, ohne in die individuelle Beratungstätigkeit mit dem Kunden eintreten zu müssen: Der Versand von Kundenzeitungen.

Natürlich ist die individuelle Beratung und Bedarfsermittlung beim Kunden der sicherste Weg und daher grundsätzlich auch zu empfehlen. Gleichwohl kann das Versenden von Kundenzeitungen ein wichtiger Bestandteil des Betreuungsverhaltens sein.

  1. Enthaftung durch Übersenden der Kundenzeitschrift

Durch die Kanzlei der Verfasser ist unlängst ein Urteil erstritten worden, welches sich genau mit diesem Aspekt auseinandersetzt, nämlich der Frage, inwieweit der Makler seiner fortlaufenden Betreuungspflicht dadurch genügt, dass er dem Kunden regelmäßig Kundenzeitungen überlässt. Zwar ist der besagte Rechtsstreit derzeit noch in zweiter Instanz anhängig, das Urteil also noch nicht in Rechtskraft erwachsen, gleichwohl sind die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils sehr aufschlussreich.

Im konkreten Fall ging es darum, dass ein Versicherungsnehmer mit seiner Familie ins französische Ausland reiste, um dort den Urlaub zu verbringen. In diesem Zusammenhang wurden Gegenstände von erheblichem Wert mitgeführt, die der Höhe nach allerdings nur zu etwa 1/5 versichert waren. Es kam, wie es kommen musste, sämtliche Gegenstände wurden im Ausland aus dem Ferienhaus entwendet. Da eine vollständige Regulierung des behaupteten Schadens seitens der Versicherung ausblieb, wurde der Makler in Höhe der nicht regulierten Differenz vom Versicherungsnehmer wegen der Deckungslücke in Anspruch genommen. Der Versicherungsnehmer behauptet, der Makler sei seiner fortlaufenden Betreuungspflicht nicht gerecht geworden, da er nicht auf Deckungslücken im Versicherungsschutz hingewiesen habe.

Dem Vortrag der Kanzlei der Verfasser folgend äußerte das Gericht in aller Deutlichkeit, dass der Versicherungsnehmer durch die regelmäßigen Hausmitteilungen des Maklers hinreichend darüber informiert wurde, dass es der richtigen Festlegung und Anpassung der Versicherungssumme bedarf, insbesondere bei höherwertigem Hausrat.

In der Essenz stellt das Gericht also fest, dass das Übersenden von Informationszeitschriften für die Erfüllung fortlaufender Beratungspflichten genügen kann.

In besagtem Fall wurde der Versicherungsnehmer durch die Hausmitteilung dafür sensibilisiert wurde, die Versicherungssumme einmal auf Anpassungsbedarf hin zu überprüfen.

Es sind aber auch weitere Fälle denkbar, in denen sich die tatsächlichen Umstände beim Versicherungsnehmer derart ändern, dass ein Aktivwerden des Maklers zu fordern ist. Zur weiteren Absicherung kann aber auch in Kundenzeitungen auf diese typischen Fälle hingewiesen werden.

Insbesondere im Sachbereich kann es dazu führen, dass veränderte Umstände maßgeblichen Einfluss auf den Umfang des Versicherungsschutzes haben. Wird hier nicht dafür Sorge getragen, dass der Versicherungsschutz angepasst wird, kann es schnell zu einer Deckungslücke kommen, in deren Zusammenhang der Makler wegen Pflichtverletzung in Anspruch genommen wird.

Klassisches Beispiel ist etwa die Einrüstung eines Gebäudes für Umbauarbeiten. Hier kommt es zu einer Gefahrerhöhung, da es wegen des vorhandenen Gerüstes einfacher ist, einen Einstieg ins Gebäude zu finden. Entsprechend bedarf es der Meldung beim Versicherer; dies ist ein Umstand, auf den auch ein Artikel einer Kundenzeitung aufmerksam machen kann.

Eine weitere Haftungsgefahr aufgrund von Deckungslücken für den Makler besteht bei betrieblichen Inhaltsversicherungen. Betreut ein Makler einen Existenzgründer, etwa eine Arztpraxis, so muss es sich ihm aufdrängen, dass der Versicherungsschutz nicht mehr genügt, wenn der Praxisbetrieb erkennbar expandiert, der Versicherungsschutz auf Niveau eines Existenzgründers also nicht mehr ausreicht. Auch dies ist ein Aspekt, auf den durchaus in Mitteilungen hingewiesen werden sollte.

Ein weiteres relevantes Beispiel aus der Praxis sind Betriebsstilllegungen. Auch diese werden regelmäßig als Gefahrerhöhung eingestuft. Weiß der Versicherungsmakler von der – dauerhaften oder vorübergehenden – Betriebsstilllegung seines Kunden, so sollte er darauf hinweisen, dass sich dies nachteilig auf den Versicherungsschutz auswirken kann, wenn nicht etwa regelmäßig Kontrollen am Objekt durchgeführt werden. Nach Auffassung der Verfasser eignet sich eine Kundenzeitung sehr gut, auch auf diesen rechtlichen Aspekt hinzuweisen.

Ein weiteres alltägliches Beispiel ist die für die Hausratversicherung maßgebliche Größe des entsprechenden Gebäudes. Werden hier etwa Anbauten vorgenommen, ist dies zur Vermeidung einer Unterversicherung zu berücksichtigen. Der Makler ist daher gut beraten, auf den Zusammenhang zwischen Größe und Umfang des Versicherungsschutzes hinzuweisen, auch in Kundenzeitungen kann ein solches Thema gut angesprochen werden.

Generalisierend lassen sich also einige Fallgruppen bilden:

Zum ersten die tatsächlichen Risikoveränderungen beim Kunden selbst. Zum zweiten die Änderungen gesetzlichen Normierungen, die Einfluss auf den Versicherungsschutz haben und zum dritten aber auch die mannigfaltigen Produktverbesserungen, die von alternativ in Betracht kommenden Versicherungsgesellschaften angeboten werden.

In letzterem Fall ist Beispielsweise die grobe Fahrlässigkeit nunmehr versicherbar, sodass von den gesetzlichen Regelungen einer Quotelung abgesehen werden würde. Außerdem kann in Kundenzeitschriften aber auch sehr gut auf gängige Verhaltenspflichten eingegangen werden, damit der Versicherungsnehmer bestehende vertragliche Ansprüche realisieren kann. Von der Anfertigung einer Stehlgutliste und auch deren Einreichung bei der Polizei bis hin zu allen weiteren Verhaltensregelungen, die üblicherweise durch den Versicherungsnehmer zu beachten sind.

Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt alltäglicher Sachverhalte, die versicherungsrechtlich relevant sind und im Ergebnis eine Haftung des Maklers befürchten lassen können, wenn er bei erkennbaren tatsächlichen Änderungen eine Beratung unterlässt.

III. Zusammenfassung

In der Rechtsprechung wird vielfach eine Pflicht des Maklers angenommen, einmal vermittelte Versicherungsverträge auch fortlaufend zu betreuen. Sind Anhaltspunkte erkennbar, dass geänderte tatsächliche Umstände eine Anpassung des Versicherungsschutzes erforderlich machen, ist der Makler demnach gehalten, den Kunden hierauf hinzuweisen.

Im Rahmen dieser fortlaufenden Betreuungspflicht kann es sehr hilfreich sein, dem Kunden Zeitschriften oder sonstige Informationsmaterial zukommen zu lassen, in denen derartige Aspekte thematisiert werden. Es sei aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Makler sich nicht immer darauf verlassen kann, dass das Versenden der Kundenzeitschrift im Ergebnis zu einer Enthaftung führt, schließlich kann es sein, dass der Kunde etwa die Zeitschrift überhaupt nicht erhalten hat (den Beweis des Zugangs hätte im Ernstfalle der Makler zu beweisen).

Der Makler sollte daher nach wie vor darauf achten, im Rahmen der fortlaufenden Betreuung den Versicherungsschutz des Kunden zu überprüfen, insbesondere wenn Anlass hierzu besteht. Das Übersenden von Kundenzeitschriften kann dann ein weiteres wichtiges Mosaik sein, die Haftung des Maklers zu verhindern.

Schließlich sei auch empfohlen, dem Versicherungsnehmer aufzugeben, bei sämtlichen Änderungen tatsächlicher Art den Makler zu kontaktieren und diesen darüber befinden zu lassen, ob eine Anpassung des Versicherungsschutzes vorzunehmen ist.

– Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte Hamburg –