Weitreichende Beratungspflichten des Maklers – Rechtsprechung bestätigt sehr weitgehende Pflichten des Versicherungsmaklers
von Lars Krohn LL.M.
(Hamburg, den 18.05.2017) Nachstehend wird die Entscheidung des BGH vom 10.03.2016 zum Aktenzeichen I ZR 147/14, der Sprinkleranlagen-Fall oder frei nach Rechtsanwalt Stephan Michaelis, der „Darf es auch ein bisschen weniger sein“- Fall, dargestellt.
Die Parteien des Rechtsstreits hatten einen Versicherungsmaklervertrag geschlossen im Zuge dessen eine Neuordnung der Verträge erfolgte, schließlich 13 Risikokategorien und die Betriebsunterbrechungsversicherung gegen Schäden aufgrund von Feuer, Sturm und Hagel eingedeckt wurden. Nicht versichert waren zahlreiche weitere Risiken in der Betriebsunterbrechungsversicherung, zu
denen das Risiko einer Leckage der Sprinkleranlage gehörte.
Wegen eines Fehlalarms wurde die Sprinkleranlage einer Lagerhalle in Betrieb gesetzt, die Halle mit Löschschaum gefüllt und dadurch – nach Vortrag der Klägerin – entstanden nicht gedeckte Schäden von mehr als 10 Mio EUR , wofür die VN als Klägerin nun ihren Versicherungsmakler haftbar hielt.
Im Rahmen dieses Urteils hat der BGH die Sachwalterrechtsprechung zu den Pflichten des Versicherungsmaklers – „die Pflichten des Versicherungsmaklers gehen weit“ – konkretisiert.
Danach umfassen die Pflichten des Versicherungsmaklers zur Aufklärung und Beratung vor allem die Fragen, welche Risiken der Versicherungsnehmer absichern sollte, wie die effektivste Deckung erreicht werden kann, bei welchem Risikoträger die Absicherung vorgenommen werden kann und zu welcher Prämienhöhe welche Risikoabdeckung erhältlich ist.
Denn der Umfang der Beratungspflicht ist nach der Rechtsprechung abhängig vom konkreten Beratungsbedarf des Versicherungsnehmers.
Diese Anforderungen sah der BGH im konkreten Fall vom Makler als nicht erfüllt an, obwohl der Makler die VN auf Versicherungslücken in der Betriebsunterbrechung und das dadurch begründete Schadensrisiko hingewiesen hatte.
Auch hatte der Makler eine alle Risiken umfassende Versicherung empfohlen. Der Geschäftsführer der VN wusste auch, dass nur einzelne Risiken in der Betriebsunterbrechung versichert waren, auch wusste er, welche wirtschaftliche Bedeutung eine Unterversicherung für ein Unternehmen hat.
Gleichwohl genügt der Makler nach Auffassung des BGH seinen Aufklärungs- und Beratungspflichten nicht allein dadurch, dass er ohne Prüfung und Erörterung im konkreten Fall den VN auf Lücken einer bestehenden Versicherung sowie die damit einhergehenden wirtschaftlichen Risiken hinweist und einen Versicherungsschutz gegen alle Risiken empfiehlt.
Vielmehr – und das ist die wichtige Kernaussage – besteht eine pflichtgemäße Beratung in einem am konkreten Bedarf des VN orientierten Hinweis auf eine sach- und interessengerechte Versicherung und in einer Information über die dazu aufzuwendenden Kosten.
Vorliegend hatte es der Makler versäumt, die Klägerin in dieser Weise vor dem Wechsel in der Betriebsunterbrechungsversicherung von der Möglichkeit, die bestehende Versicherungslücke zu schließen, zu unterrichten.
In der Betriebsunterbrechungsversicherung ist eine Vielzahl von Risiken entweder einzeln oder insgesamt versicherbar. Bei einer solchen Sachlage lässt eine Empfehlung, alle Unternehmensteile gegen alle Risiken zu versichern, eine konkrete bedarfsorientierte Prüfung und Beratung nach Auffassung des BGH nicht erkennen.
Der Makler war jedoch zur Prüfung und Beratung dahingehend verpflichtet, ob zumindest bestimmte Einzelrisiken oder sämtliche Risiken in der Betriebsunterbrechungsversicherung für einzelne Gesellschaften sinnvollerweise abzudecken waren, nachdem der Geschäftsführer der Klägerin eine umfassende Abdeckung für die Unternehmensgruppe abgelehnt hatte, denn bei einer solchen, bedarfsorientierten Beratung, wäre es keinesfalls ausgeschlossen gewesen, dass die Halle, bei der der Schaden tatsächlich eintrat, versichert worden wäre, weil sie einem besonders hohen wirtschaftlichen Risiko der Betriebsunterbrechung unterlag und bei ordnungsgemäßer Risikoprüfung eine diesbezügliche Eindeckung des Einzelrisikos hätte empfohlen werden müssen.
Nachdem die VN Risikoschutz für die Gesamtheit der Betriebsstätten in ihrer Pauschalität abgelehnt hatte, hätte der Makler Risikoschutz für einzelne, besonders risikobehaftete Betriebsstätten anbieten müssen; eine nach vorstehendem gebotene Risikoanalyse hätte die besondere Risikolage hinsichtlich der später betroffenen Betriebsstätte erkennen und herausstellen müssen. Das Angebot hätte mithin, wenn nicht alle, dann aber einzelne, einem erhöhten Risiko unterliegenden Betriebsstätten bedarfsgerecht zu versichern – dementsprechend stimmt die von Rechtsanwalt Michaelis für diesen Fall gefundene Frage, die der Makler dann zustellen hat: Darf es ein bisschen weniger sein?
Der BGH hat weiter klargestellt, dass nur wenn der Makler in dieser Art und Weise seine Prüfungs- und Beratungspflichten umfassend erfüllt hat, der VN sich aber gegen die von dem Makler vorgeschlagene, sach- und interessengerechte Vorgehensweise entscheidet, der Versicherungsmakler nicht für einen unzureichenden Versicherungsschutz des VN verantwortlich gemacht werden kann.
Allerdings darf der Versicherungsmakler keine sachwidrigen Weisungen akzeptieren, solange der VN noch nicht oder nicht ausreichend beraten worden ist, denn der Makler ist verantwortlich dafür, dass der VN zunächst eine geeignete Entscheidungsgrundlage erhält, um überhaupt eine sach- und interessengerechte Entscheidung treffen zu können, es kommt also dem Makler zu, den VN hierzu in die Lage zu versetzen, es sei denn der VN teilt ihm unmissverständlich mit, auf eine weitergehende Beratung zu verzichten.
Einen solchen Verzicht – so unsere Empfehlung – sollte sich ein Makler immer und ausnahmslos schriftlich bestätigen lassen, denn der Versicherungsmakler, der seiner sekundären Darlegungslast zur Erfüllung seiner Aufklärungs- und Beratungspflichten nicht genügt hat, ist für die Behauptung einer sach- und interessenwidrigen Weisung des VN und dessen Verzicht auf eine weitergehende Beratung darlegungs- und beweisbelastet.
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die Kanzlei Michaelis Ihnen als Versicherungsmaklern natürlich auch bei Angriffen hinsichtlich der Erfüllung Ihrer Aufklärungs- und Beratungspflichten zur Seite steht. Hier empfiehlt es sich schon bei den ersten Anzeichen, dass ein Maklermandat eskalieren könnte, zu uns zu kommen, um frühzeitig die Weichen stellen zu können.
Zudem zeigt der Sprinkleranlagen-Fall dem geschulten Juristenauge auch, wie wichtig es ist, in einem solchen Rechtsstreit versiert und umfassend aber gleichzeitig gezielt vorzutragen, was letztlich über Sieg oder Niederlage entscheiden kann. Hierzu muss man aber genau wissen, worauf es ankommt, Expertenwissen ist gefragt, welches gerade Fachanwälte für Versicherungsrecht bieten können. Deshalb sind Sie auch in einem solchen Fall gut bei uns aufgehoben.