Einleitung

1. Gemäß Artikel 16 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/79/EG der Kommission1 sowie unter Berücksichtigung von Erwägungsgrund 22 und Artikel 10 der Richtlinie 2002/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Dezember 2002 über Versicherungsvermittlung (IMD)2 gilt Folgendes:

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Beendigung des Versicherungsvertretervertrages

Der Handelsvertretervertrag kann aufgrund einer Kündigung sowohl durch den Handelsvertreter als auch aufgrund des Unternehmens oder durch einen Aufhebungsvertrag beendet werden. Während die Kündigung eine einseitige Willenserklärung darstellt und daher mit Zugang beim anderen Vertragspartner wirksam ist, handelt es sich bei einem Aufhebungsvertrag um eine beidseitige Vereinbarung zur einvernehmlichen Beendigung des Vertragsverhältnisses.

Ordentliche Kündigung

Der Handelsvertretervertrag kann nach § 89 HGB formlos unter Einhaltung der Kündigungsfrist, jedoch ohne Kündigungsgrund beendet werden. Sollte der Handelsvertretervertrag selbst keine (wirksamen) Kündigungsfristen enthalten, so gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen nach § 89 Abs.1 HGB.

So kann der Vertrag, welcher auf unbestimmte Zeit eingegangen ist und daher nicht befristet ist, wie folgt gekündigt werden:

  • im ersten Jahr mit einer Frist von einem Monat zum Kalendermonatsende
  • im zweiten Jahr mit einer Frist von zwei Monaten zum Kalendermonatsende
  • im dritten bis fünften Jahr mit einer Frist von drei Monaten zum Kalendermonatsende
  • ab dem fünften Jahr mit einer Frist von sechs Monaten zum Kalendermonatsende

Außerordentliche fristlose Kündigung

Der Vertrag kann darüber hinaus von beiden Teilen nach § 89 a HGB aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden.

Entscheidend ist dabei, ob die den Grund tragenden Tatsachen und Umstände es für den Kündigenden unzumutbar erscheinen lassen, den Vertrag bis zur Vertragsbeendigung mittels ordentlicher Kündigung durchzuführen (BGH NJW 11, 608, RZ 19). In der Regel sollte zuvor eine Abmahnung erfolgen.

Gründe für eine fristlose Kündigung durch den Unternehmer sind insbesondere:

  • Nichterfüllung von wesentlichen Vertragspflichten, wie Betreuungs- und Bemühungspflichten (OLG München, Urteil vom 12.07.2002, Az. 21 U 1608/02)
  • Missachtung von Weisungen (OLG Saarbrücken, Urteil vom 22.08.2001, Az. 1 U 593/00-131)
  • Verletzung von Mitteilungspflichten (BGH, Urteil vom 07.12.1977, Az. VIII ZR 214/75)
  • Verletzung des Wettbewerbsverbotes (BGH, Urteil vom 12.03.2003,Az.VIII ZR 197/02)

Gründe für eine fristlose Kündigung durch den Handelsvertreter sind insbesondere:

  • Wiederholtes unberechtigtes Einbehalten oder Kürzen der Provision (BGH, Urteil vom 12.04.1989, Az. VIII ZR 52/88)
  • Unzulässiger Wettbewerb (BGH, Urteil vom 10.2.1993, Az. VIII ZR 48/92)
  • Sperrung des Zugangs zum Verwaltungssystem

Häufig ist jedoch vor dem Ausspruch einer fristlosen Kündigung eine Abmahnung zu erklären. Eine außerordentliche Kündigung ohne vorherige Abmahnung ist nur in Ausnahmefälle und bei schwerwiegender Vertragsverletzung wirksam.

Aufhebungsvereinbarung

Darüber hinaus besteht für beide Vertragsparteien die Möglichkeit die Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses einvernehmlich zu beenden. Vorteil ist, dass lange Kündigungsfristen verkürzt werden können und bereits weitere rechtliche Themen vorab geregelt werden können.

Jedoch ist eine vertragliche Aufhebung nur bei Zustimmung beider Seiten möglich. Ein Anspruch besteht nicht.

Überdies werden in den Aufhebungsvereinbarungen auch gern wettbewerbsrechtliche Fragestellungen vereinbart. Diese sind rechtlich nicht unproblematisch!

Ausgleichsanspruch

Nach § 89 b HGB hat ein Handelsvertreter mit Beendigung durch den Unternehmer, Renteneintritt oder dauerhafter Erkrankung einen Anspruch auf einen angemessenen Ausgleich.

Voraussetzungen

Voraussetzung ist, dass der Handelsvertretervertrag beendet wurde, dem Unternehmen nach Beendigung weiterhin erhebliche Vorteile verbleiben, der Ausgleich der Billigkeit entspricht und insbesondere nicht ausgeschlossen ist.

Der Anspruch entsteht, sobald der Handelsvertretervertrag durch das Unternehmen ordentlich gekündigt wurde oder der Handelsvertreter einen eigenen berechtigten außerordentlichen Kündigungsgrund nachweisen kann. Die rechtmäßige außerordentliche fristlose Kündigung durch das Unternehmehen sowie eine ordentliche Kündigung durch den Handelsvertreter schließen den Ausgleichsanspruch hingegen aus!

Kann der Handelsvertreter seiner Tätigkeit jedoch aufgrund seines Alters (regelmäßig mit dem Renteneintritt) oder aufgrund von Krankheit nicht mehr zumutbar nachkommen, so ist ein Ausgleichsanspruch gegeben, selbst wenn der Handelsvertreter den Vertrag ordentlich kündigt.

Darüber hinaus müssen dem Unternehmen auch nach Beendigung Unternehmensvorteile verbleiben. Dies ist meist in dem Verlust der Provisionsansprüchen zu sehen, welche nun nicht weiter an den Handelsvertreter zu zahlen sind, verbunden mit den Vorteilen aus den bestehenden Versicherungsverträgen.

Auch muss der Ausgleich der Billigkeit entsprechen. Wurde eine Altersvorsorgeleistung des Handelsvertreter durch das Unternehmen ganz oder anteilig übernommen, so kann diese Leistung auf den Ausgleichsanspruch angerechnet werden (BGH, Urteil vom 23.02.1994, Az. VIII ZR 94/93).

Berechnung

Die Berechnung des Ausgleichsanspruches ist im Hinblick auf den Versicherungsvertreter stark umstritten, so dass die Verbände in der Versicherungswirtschaft die sogenannten „→ Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruches“ entwickelt haben.

Diese können wirksam im Vertrag vereinbart werden (BGH VersR 75, 808) und findet dann auch entsprechend Anwendung. Sollte die Berechnung jedoch nicht vertraglich geregelt sein, so ist der Handelsvertreter frei diese nach den Grundsätzen oder dem Gesetz zu berechnen.

Die Grundsätze können jedoch auch von den Gerichten als Schätzungsgrundlage herangezogen werden (BGH NJW-RR 12, 674, Rz 36 f.).

Fristgerecht Geltendmachung

Der Ausgleichsanspruch muss nach § 89 b Abs. 4 HGB zwingend binnen einer Frist von einem Jahr geltend gemacht werden, um einen Ausschluss zu verhindern.

Wettbewerbsrecht

Im Hinblick auf einen wettbewerbsrechtlichen Verstoß ist zu unterscheiden zwischen dem gesetzlichen Wettbewerbsverbot während der Vertragslaufzeit nach § 86 HGB und einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot nach § 90 a HGB.

Vertragliches Wettbewerbsverbot

Solange das Handelsvertreterverhältnis noch nicht beendet ist, ist es dem Handelsvertreter untersagt wettbewerbswidrig tätig zu werden. Die Vorbereitung der Maklertätigkeit, insbesondere das Ansprechen von Kunden im Hinblick auf die zukünftige Maklertätigkeit sowie die Vorlage von in Konkurrenz stehenden Maklerunternehmen ist daher vertragswidrig und berechtigt zu fristlosen Kündigungen.

Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nach § 90 a HGB kommt nur in Betracht, wenn dieses vertraglich vereinbart wurde und der Handelsvertreter insbesondere auch eine Karenzentschädigung für seine Wettbewerbsbeschränkung erhält.

Die Voraussetzungen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes sind sehr streng und sollten daher vorab immer rechtlich geprüft werden.

Sollte jedoch kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart wurden sein oder unwirksam sein, so ist grundsätzlich von einem freien Wettbewerb auszugehen. Dieser ist durch das UWG beschränkt. Sollten jedoch unlautere Mittel hinsichtlich der Akquise von Kunden eingesetzt werden, so ist der Unternehmer berechtigt neben der Unterlassung des Vorgehens auch Schadensersatz zu verlangen.

Mitnahme von Kundendaten

So stellt die Mitnahme von Kundendaten nach Vertragsbeendigung ein Beispiel für ein unlauteres Mittel dar. Solche Daten dürfen Handelsvertreter nach Beendigung weder selber nutzen noch an Dritte weitergeben.

Daten über Kunden, die der Handelsvertreter aus dem Gedächtnis abrufen kann, können von ihm grundsätzlich frei verwertet werden (BGH, Urteil vom 26.02.2009, Az. I ZR 28/06). Hier ist häufig entscheidend, welche Beweislast bei wem besteht!

Provisionsrückforderungen

Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses hat der Handelsvertreter oftmals nicht mehr die Möglichkeit selbst auf stornogefährdete Verträge einzuwirken, so dass oftmals Provisionsrückforderungen geltend gemacht werden, ohne Stornobearbeitungsmaßnahmen vorab zu treffen.

Grundsätzlich hat das Unternehmen ein Wahlrecht, ob es selbst Stornoabwehr betreibt oder dem Handelsvertreter durch unverzügliche, zugangsbedürftige Stornomitteilung unter Hinweis auf die Stornierungsgefahr Gelegenheit gibt, den notleidenden Vertrag selbst nachzuarbeiten (BGH, Urteil vom 25.05.2005, Az. VIII ZR 279/04).

Auch sind an die Rückforderung von Provisionen neben dem Nachweis der Stornobearbeitung weitere Voraussetzungen geknüpft. So hat das LG Meiningen mit Urteil vom 23.03.2016, Az. (378) 1 O 936/14 acht Punkte aufgestellt, welche ein Unternehmen bei der Rückforderung von Provisionen darlegen und beweisen muss.

Nach dieser Entscheidung hat das Unternehmen Folgendes vorzutragen:

  1. Wann wurde welche konkrete Versicherung durch den Versicherungsagenten vermittelt?
  2. Wann wurde dem Versicherungsagenten in welcher Höhe und in welcher Provisionsabrechnung hierfür eine Provision gutgeschrieben und welcher Höhe wann ausbezahlt?
  3. Wie lange läuft die Provisionshaftungszeit und wann und wo wurde diese zwischen den Parteien vertraglich vereinbart?
  4. Wie hoch ist die einbehaltene Stornoreserve?
  5. Wann und warum ist eine Stornierung des Versicherungsvertrages erfolgt?
  6. Wann erlangte die Versicherung hiervon Kenntnis?
  7. Welche konkreten Nachbearbeitungen wurden von der Klägerin selbst oder durch Dritte für die Erhaltung des Versicherungsvertrages durchgeführt?
  8. Wie errechnet sich konkret die anteilig zurück zu fordern Provision und in welcher Höhe ist die Provision bis zum Datum der Stornierung bereits verdient?

Es ist daher vor jeder Rückforderung zu prüfen, ob das Unternehmen diese Darlegung auch tatsächlich nachweisen kann. Die Erteilung eines Buchauszuges kann zur Überprüfung hilfreich sein.

Erteilung eines Buchauszuges

Nach § 87 c Abs. 2 HGB hat der Handelsvertreter immer einen Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges.

Der Buchauszug dient in Ergänzung zu den Abrechnungen der Nachprüfung aller provisionspflichtigen Geschäfte sowie der Berechnung des Ausgleichsanspruches.

Insbesondere ist die Geltendmachung des Buchauszuges ein nicht unerhebliches Druckmittel, welcher aufgrund der hohen Anforderungen für das Unternehmen bei deren Erstellung durchaus zu einem hohen zeitlichen und kostenintensiven Aufwand führen kann. Dennoch ist auch dann die Geltendmachung nicht als missbräuchlich anzusehen, solange der Handelsvertreter noch keine Kenntnis erlangt hat und einen unverjährten Zeitraum von Provisionsansprüche betrifft.

Der Buchauszug reicht weiter als die Provisionsabrechnungen und muss insbesondere alles enthalten, was sich aus allen dem Unternehmen verfügbaren schriftlichen Unterlagen im Zeitpunkt der Ausstellung ergibt.

Der Buchauszug ist in Form einer geordneten Zusammenstellung der geschuldeten Angaben zu erteilen. Ein Anspruch auf eine tabellarische Form besteht nicht.

Der BGH hat mit Urteil vom 21.03.2001, Az. VIII ZR 149/99 entschieden, dass der Buchauszug folgende Angaben (mindestens) zu enthalten hat:

  • Name des Versicherungsnehmers
  • Versicherungsschein-Nummer
  • Art und Inhalt des Versicherungsvertrags (Sparte, Tarifart, prämien- oder provisionsrelevante Sondervereinbarungen)
  • Jahresprämie
  • Versicherungsbeginn
  • Bei Lebensversicherungsverträgen:  die Versicherungssumme,  das Eintrittsalter des Versicherungsnehmers und die Vertragslaufzeit
  • Bei Lebensversicherungsverträgen mit Dynamisierung zusätzlich Angaben zur Erhöhung der Versicherungssumme, zum Zeitpunkt der Erhöhung und zur Erhöhung der Jahresprämie
  • Bei Stornierungen: das Datum der Stornierung, die Gründe der Stornierung und die Maßnahmen zur Erhaltung des Bestands

Sollten Provisionsansprüche und besonders Rückforderungsansprüche streitig sein, so ist die Geltendmachung des Buchauszuges immer zu empfehlen, da so das Unternehmen gerade bei langjährigen Handelsvertreterverhältnissen umfangreiche Buchauszüge erteilen muss und Unternehmen oftmals bereits zur Abwendung der Erteilung des Buchauszuges vergleichsbereit sind, um langjährige gerichtliche Streitigkeiten zu verhindern.

Stornoreservekonto

Viele Handelsvertreterverträge enthalten Regelungen hinsichtlich des Einbehaltes eines sogenannten Stornoreserveguthabens zur Sicherung von Provisionsrückforderungsansprüchen im Falle der Stornierung von vermittelten Verträgen.

Das Stornoreserveguthaben beträgt in der Regel 10-20 % der laufenden Provisionen des Handelsvertreters. Dennoch handelt es sich bei dem Stornoreserveguthaben, um verdiente Provisionen, welche spätestens auch nach Ablauf der Stornohaftungszeiten auszuzahlen sind und dem Handelsvertreter gebühren.

Gerade nach Beendigung des Handelsvertretervertrages stellt sich daher die Frage der Auszahlung dieses vorhandenen Guthabens.

Viele Handelsvertreterverträge enthalten hinsichtlich der Rückzahlung des Stornoreserveguthabens Regelungen, welche oftmals unwirksam sind und dazu führen, dass die Stornoreserve erst dann ausbezahlt werden soll, wenn sich kein Vertrag mehr in der „Haftung“ befindet. Dies führt in der Folge dazu, dass ein sehr hohes Guthaben erst dann ausbezahlt wird, wenn sie Stornohaftungszeit des letzten Vertrages mit einem auch nur geringen Haftungsvolumen ausgelaufen ist.

So hat das OLG Düsseldorf mit Urteil vom 26.10.201, Az. I-16 U 134/11 entschieden, dass „Bestimmungen im Handelsvertreterverträgen, wonach der Anspruch des Vertreters auf Auszahlung  der Stornoreserve nach dessen Ausscheiden erst in dem Zeitpunkt entsteht, in dem sämtliche Forderungen des Unternehmens gegen ihn ausgeglichen sind und sämtliche Verträge sich außerhalb der Haftungszeit befinden, unwirksam sind.“

Es lohnt sich daher zu prüfen, ob die Regelungen im Vertrag tatsächlich wirksam sind. Die Unwirksamkeit einer Regelung führt dazu, dass das gesamt Stornoreserveguthaben bereits mit Beendigung der Zusammenarbeit auszuzahlen ist.