Abgewiesen
Landgericht Koblenz
Urteil vom 17.12.2020
Aktenzeichen: 16 O 302/20
Stichwörter: statische Verweisung auf IfSG
Urteil
Tatbestand:
Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einer Betriebsschließungsversicherung wegen der Schließung seiner Gaststätte aufgrund der Maßnahmen der rheinlandpfälzischen Landesregierung zur Verhinderung der Verbreitung des neuartigen Coronavirus geltend.
Der Kläger betreibt in Cochem eine Gaststätte mit insgesamt ca. 120 Sitzplätzen und 15 touristische Gästezimmer. Er unterhält bei der Beklagten einen Versicherungsvertrag über eine Betriebsunterbrechungsversicherung gemäß Versicherungsschein/Nachtrag vom 06.06.2019. Gegenstand der Versicherung sind die HOSTIMA Bedingungen 2010 für die Betriebsunterbrechungs- und Mehrkostenversicherung von Hotels und Pensionen – HOSTIMA VB-BU ’10 (Stand 01.07.2010 – im Folgenden: BV-BS – Anlagenkonvolut K2). Eine Selbstbeteiligung für Betriebsunterbrechung ist nicht vereinbart. Die Versicherungssumme beträgt bei behördlich angeordneter Betriebsschließung 425.000 € bei einer Haftzeit von 30 Tagen und einer Tageshöchstentschädigung von 1.165 €. In den BV-BS ist u.a. Folgendes geregelt:
„§ 5 Versicherte Betriebsschließung
- Der Versicherer leistet Entschädigung, wenn die zuständige Behörde auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes (IfSG)
- a) den versicherten, Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt; Tätigkeitsverbote gegen sämtliche Betriebsangehörige eines Betriebes oder einer Betriebsstätte werden einer Betriebsschließung gleichgestellt (…)
- Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die in den §§ 6 und 7 Infektionsschutzgesetz namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger (…)“.
COVID-19 und SARS-CoV-2 werden in den der Betriebsschließungsversicherung zugrundeliegenden Bedingungen nicht genannt.
Auf Grundlage der 2. Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinlandpfalz vom 20.03.2020 (im Folgenden: Corona-VO) und der 3. Corona-VO vom 23.02.2020 untersagte die rheinlandpfälzische Landesregierung auf Grund der §§ 32, 28 Abs. 1 S. 1, S. 2, 31 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) unter anderem den Betrieb von Gaststätten und ähnlichen Einrichtungen. Der Kläger durfte aufgrund dieser Verordnungen seinen Betrieb nicht mehr für Gäste öffnen. Mit der 6. Corona-VO Rheinland-Pfalz vom 08.05.2020 wurde bestimmt, dass der Restaurantbetrieb wieder ab dem 13.05.2020 öffnen darf.
Der Kläger machte einen Betriebsunterbrechungsschaden gegenüber der Beklagten gelten, die dieses Begehren unter dem 16.04.2020 (Anlage K3) zurückwies. Auch auf anwaltliche Leistungsaufforderung vom 03.06.2020 (Anlage K4) erfolgte keine Leistung der Beklagten Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte sei zur Leistung aus der Betriebsschließungsversicherung verpflichtet. Bei dem neuartigen Coronavirus handele es sich um eine meldepflichtige Krankheit im Sinne der BV-BS. Er begehre für 53 Tage der Betriebsschließung den für die Haftzeit von 30 Tagen bestimmten Maximalsatz von je 1.165 € und beantragt,
1.die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 34.950 € zzgl. 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.04.2020 zu zahlen;
2.die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 1.427 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen Die Beklagte ist der Auffassung, es liege kein Versicherungsfall vor. Es könne bereits bezweifelt werden, dass es sich bei den Maßnahmen der Landesregierung um eine bedingungsgemäße Betriebsschließung handele. Es fehle an dem erforderlichen Einzelfallbezug der Maßnahmen. Jedenfalls sei die Verweisung auf die meldepflichtigen Krankheiten und meldepflichtigen Krankheitserreger nach dem IfSG in § 5 Ziff. 2 BV-BS abschließend. Da die Krankheit COVID-19 und der Krankheitserreger SARS-CoV-2 zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in dieser Aufzählung des IfSG fehlten, seien sie nicht vom Versicherungsschutz umfasst. Die von der Beklagten verwendete Klausel sei eindeutig, unmissverständlich und transparent so gestaltet, dass lediglich die im IfSG aufgezählten Krankheiten und Krankheitserreger in den Versicherungsschutz einbezogen seien.
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst den hierzu als Anlagen zu den Akten gereichten Urkunden verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von Versicherungsleistungen aus der Betriebsschließungsversicherung gegen die Beklagte.
Es kann dahinstehen, ob es sich bei der aufgrund der Corona-VO angeordneten Schließung der Gaststätte des Klägers um eine Betriebsschließung im Sinne von Ziffer § 5 der BV-BS handelt. Denn bei der Krankheit COVID-19 und dem Krankheitserreger SARS-CoV-2, deren Verbreitung im Februar und März 2020 als Anlass für den Erlass der Corona-VO diente, handelt es sich nicht um eine meldepflichtige Krankheit oder einen meldepflichtigen Krankheitserreger im Sinne der Versicherungsbedingungen.
- 5 Ziff. 2 der BV-BS ist aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers so zu verstehen, dass sich der Versicherungsschutz auf die in den §§ 6, 7 IfSG ausdrücklich genannten meldepflichtigen Krankheiten und meldepflichtigen Krankheitserreger beschränkt.
Hierbei handelt es sich um eine statische Verweisung auf das IfSG (Schreier, VersR 2020, 513 (515); Günther/Piontek, r+s 2020, 242 (244); Rixecker in: Schmidt, Covid-19 Rechtsfragen zur Corona-Krise 2020, § 11 Rdn. 59; a. A. LG Mannheim, VersR 2020, 904). Maßgeblich für die Bestimmung des Versicherungsschutzes ist damit der Stand der Regelungen, bei welchem der Vertrag zwischen den Parteien geschlossen worden ist. Gegenstand sind, zuletzt mit Nachtrag vom 06.06.2019, die HOSTIMA VB-BU ’10 (Stand 01.07.2010). COVID-19 und SARS-CoV-2 sind dort unstreitig nicht aufgeführt. Ebensowenig fanden sie zu jenem Zeitpunkt Erwähnung in den §§ 6, 7 IfSG. Das Coronavirus ist erst seit dem 23.05.2020 in den §§ 6, 7 IfSG namentlich genannt. Zuvor bestand nur eine Verordnung zur Ausdehnung der Meldepflicht nach §§ 6, 7 IfSG auf das Coronavirus vom 30.01.2020 ab dem 01.02.2020.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Allgemeine Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an (BGH, Urt. v. 23.06.1993 – IV ZR 135/92, zitiert nach juris, Rn. 14 m.w.N.). Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen sind aus sich heraus zu interpretieren. In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (BGH NJW 2019, 1286 = VersR 2019, 542 Rn. 15; NJW 2020, 999 Rn. 12 – std. Rspr.).
Nach dieser Maßgabe handelt es sich bei COVID-19 und SARS-CoV-2 nicht um meldepflichtige Krankheiten bzw. meldepflichtige Krankheitserreger im Sinne von § 5 Ziff. 2 der BV-BS, wie sie zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, spätestens mit Nachtrag vom 06.06.2019, gelten. Weder COVID-19 noch SARS-CoV-2 ist in der enumerativen Auflistung der meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger zu jener Zeit in den §§ 6, 7 IfSG genannt. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird die Regelung so verstehen, dass es sich bei den dort genannten meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserregern um eine abschließende Aufzählung handelt.
Dies folgt eindeutig aus dem Wortlaut von § 5 Ziff. 2 der BV-BS, wonach meldepflichtige Krankheiten bzw. meldepflichtige Krankheitserreger „im Sinne dieses Vertrags (…) nur die im IfSG namentlich genannten“ sind (ähnlich OLG Hamm, Beschluss vom 15.07.2020 – 20 W 21/20, VersR 2020, 1103; LG Essen, Beschluss vom 16.06.2020 – 18 O 150/20, BeckRS 2020, 17736, Rn. 3; LG Bochum, Urt. v. 15.07.2020, – 4 O 215/20, VersR 2020, 1104, 1105, LG Stuttgart, Urteil vom 30.09.2020 -16 O 305/20). Dabei bringt das Wort „namentlich“ zweifelsfrei zum Ausdruck, dass die Begriffe der meldepflichtigen Krankheiten und meldepflichtigen Krankheitserreger im Sinne der Versicherungsbedingungen auf die dort in §§ 6, 7 IfSG ausdrücklich genannten beschränkt sind. Aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ist die Klausel auch nur so zu verstehen, dass ausschließlich die dort aufgezählten, mit medizinischen Fachbegriffen beschriebenen Krankheiten und Krankheitserreger vom Versicherungsschutz umfasst sind. Über ähnlich verlaufende, in der Symptomatik vergleichbare oder auf ähnliche Art und Weise übertragbare Krankheiten oder Krankheitserreger erstreckt sich die Klausel erkennbar nicht.
Diese Klausel hält auch einer Überprüfung in AGBrechtlicher Hinsicht stand.
Es handelt sich insbesondere um keine überraschende Klausel nach § 305c Abs. 1 BGB. Danach wird eine Bestimmung in Allgemeinen Versicherungsbedingungen, die nach den jeweiligen Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, überraschend ist, nicht Vertragsbestandteil. Entscheidend für die Einordnung einer Klausel als überraschend ist es, ob zwischen den Erwartungen des Versicherungsnehmers und dem Klauselinhalt eine deutliche Diskrepanz besteht, mit der der Versicherungsnehmer vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht (std. Rspr.; BGH, Beschluss vom 06.07.2011 – IV ZR 217/09 = r + s 2012, 192, Rn. 19 m.w.N.). Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Regelung in § 5 Ziff. 2 der BV-BS nicht überraschend. Ein durchschnittlicher verständiger Versicherungsnehmer kann und muss damit rechnen, dass der Versicherer den Versicherungsschutz auf im Vertrag ausdrücklich genannte Fälle beschränkt und gerade keinen Versicherungsschutz für künftig auftretende, jedoch bei Vertragsschluss unbekannte meldepflichtige Krankheiten bzw. Krankheitserreger bieten will, deren Gefahrenpotential er bei Vertragsschluss nicht kalkulieren und deshalb auch nicht bei der Bemessung von Versicherungsumfang und -prämien berücksichtigen konnte.
Auch ist die Bestimmung in § 5 Ziff. 2 der BV-BS nicht mehrdeutig im Sinne von § 305c Abs. 2 BGB. Die Klausel ist klar formuliert und erweckt keine Fehlvorstellung über den Umfang des Versicherungsschutzes. Bereits durch die Verwendung der Worte „namentlich genannt“ wird ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer davon ausgehen könne, dass allein die danach genannten Krankheiten und Krankheitserreger vom Versicherungsschutz umfasst sein sollen (vgl. Lüttinghaus/Eggen, r+s 2020, 250, 254). Das Wort „namentlich“ stellt dies zusätzlich klar.
Schließlich bedarf es keiner Entscheidung, ob und inwieweit § 5 Ziff. 2 der BV-BS einer Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB unterfällt (vgl. zur Anwendbarkeit der §§ 307 ff. BGB in vergleichbaren Fällen: Werber, VersR 2020, 661, 665 m.w.N.). Denn die Klausel hält jedenfalls einer solchen Inhaltskontrolle stand.
Zunächst verstößt die Klausel nicht gegen das in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB niedergelegte Transparenzgebot. Danach ist der Verwender Allgemeiner Versicherungsbedingungen gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Es kommt insoweit nicht nur darauf an, dass eine Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist. Vielmehr gebieten Treu und Glauben auch, dass sie die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (BGH, Beschluss vom 11.02.2009 – IV ZR 28/08, juris, Rn. 14).
Die Beschränkung des Versicherungsschutzes auf die in § 5 Ziff. 2 der BV-BS durch den Verweis auf die §§ 6, 7 IfSG genannten Krankheiten und Krankheitserreger führt auch nicht zu einer Vertragszweckgefährdung im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begründet eine Begrenzung des Leistungsumfangs für sich genommen noch keine Vertragszweckgefährdung in diesem Sinne, sondern bleibt grundsätzlich der freien unternehmerischen Entscheidung des Versicherers überlassen, soweit er nicht mit der Beschreibung der Hauptleistung beim Versicherungsnehmer falsche Vorstellungen erweckt. Eine Gefährdung des Vertragszwecks im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB liegt erst dann vor, wenn die Einschränkung den Vertrag seinem Gegenstand nach aushöhlt und damit in Bezug auf das zu versichernde Risiko zwecklos macht (BGH, Beschluss vom 11.02.2009 – IV ZR 28/08, juris, Rn. 18 u. 19; Beschluss vom 06.07.2011 – IV ZR 217/09, juris, Rn. 23 f.). Nach diesem Maßstab ist hier keine Vertragszweckgefährdung gegeben. Die Einschränkung des Versicherungsschutzes auf die in § 5 Ziff. 2 der BV-BS ausdrücklich genannten Krankheiten und Krankheitserreger begrenzt lediglich den Leistungsumfang, ohne dabei den Versicherungsschutz auszuhöhlen. Es bleibt im Hinblick auf den umfangreichen Katalog versicherter Krankheiten und Krankheitserreger durch den Verweis auf die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende Fassung der §§ 6, 7 IfSG vielmehr ein weiter Anwendungsbereich der Betriebsschließungsversicherung bestehen. Vom Versicherungsschutz umfasst sind danach beispielsweise auch in der Bundesrepublik Deutschland häufig auftretende Influenzaviren.
Im Übrigen liegt in der abschließenden Aufzählung der vom Versicherungsschutz umfassten Krankheiten und Krankheitserreger auch keine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers. Die Versicherer sind grundsätzlich in ihrer Entscheidung frei, in welchem Umfang sie im Hinblick auf Gefahren aus dem Infektionsschutzgesetz Versicherungsschutz bieten. Insbesondere ist eine Einschränkung nach einem „Allesodernichts-Prinzip“ – also entweder Versicherungsschutz für alle im Infektionsschutzgesetz genannten meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger oder überhaupt keine Deckung – rechtlich nicht erforderlich (vgl. Fortmann, VersR 2020, 1073, 1076 f.; ders., jurisPR-VersR 8/2020, Anm. 2). Die Bestimmung in § 5 Ziff. 2 der BV-BS erscheint vielmehr interessengerecht. Die darin enthaltene und durch den Verweis auf die §§ 6, 7 IfSG, unmissverständlich formulierte enumerative Aufzählung der vom Versicherungsschutz umfassten meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger ermöglicht es dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer gleichermaßen, den Umfang des Versicherungsschutzes nachzuvollziehen. Die Regelung trägt auch dem berechtigten Interesse des Versicherers Rechnung, das versicherte Risiko nicht zuletzt in Bezug auf die Prämienhöhe seriös einschätzen zu können. Denn die „namentlich“ im IfSG benannten Bedrohungen sind bekannt, in ihren Folgen grundsätzlich überschaubar und damit versicherungsmathematisch kalkulierbar. Eine Analogie zu allen vergleichbar hochriskanten Viren würde diese Einschätzung finanzieller Belastungen aus den Angeln heben. Pandemien sind nicht versicherbar. Das folgt schon aus dem Prinzip der großen Zahl: Viele Menschen zahlen einen geringen Betrag, damit wenige Betroffene im Schadenfall höhere Entschädigungen bekommen können. Versicherungsmathematisch funktioniert das nur, wenn die Risiken statistisch voneinander abschätzbar und voneinander unabhängig sind. Das rechtfertigt es, dort, wo sich der Versicherer sprachlich an die zum Zeitpunkt des Versicherungsvertrages bekannten und erwartbaren Risiken gehalten hat, genau diese Risiken als gedeckt zu betrachten, andere, neuartige aber nicht (Rixecker, ZfS 2020, 392). Dies dient auch dem Schutz der Versichertengemeinschaft und ist für einen durchschnittlichen verständigen Versicherungsnehmer auch erkennbar (vgl. LG Bochum, VersR 2020, 1105 f.).
Die Kammer folgt insoweit schließlich auch nicht der Entscheidung des LG München (Urt. v. 01.10.2020 – 12 O 5895/20 = NJW 2020, 3461). Denn dort bestand die Besonderheit, dass der Vertrag erst Anfang März 2020 auf Initiative des Versicherers geschlossen wurde und laut einer Vertriebsinformation Covid-19 umfasste. Das ist aber im vorliegenden Fall gerade nicht so, wie sich aus Anlage K1 zur Klageschrift ergibt.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 709 ZPO.