Einleitung

Die Überschrift zu diesem Artikel mag bei manchem Leser auf Verwunderung stoßen, wird die Rechtsform der GmbH doch regelmäßig gerade deshalb von den Gesellschaftern gewählt, um einer persönlichen Haftung zu entgehen. Zur Beruhigung kann gesagt werden, dass dies im Grundsatz auch richtig ist, wie § 13 Abs. 2 GmbHG unmissverständlich klarstellt.

Gleichwohl gibt es Konstellationen, die Rechtsprechung und Lehre herausgebildet haben und die ausnahmsweise einen Zugriff der GmbH-Gläubiger auf das Vermögen der Gesellschafter erlauben. Wenn auch bei einem ordentlich geführten Geschäft mit derartigen Risiken regelmäßig nicht zu rechnen ist, so sollte doch ein jeder Gesellschafter einer GmbH zumindest einen Überblick über diese Thematik haben.

Dabei soll im nachfolgenden Artikel nur die Konstellation beleuchtet werden, in der die GmbH bereits existiert, sie also im Handelsregister eingetragen ist (vgl. § 11 Abs. 1 GmbHG). Die haftungsrechtlichen Besonderheiten der sogenannten Vorgesellschaft, also der Zeitraum bis zur Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister, bei dem ebenfalls einige Besonderheiten gelten, werden hier nicht betrachtet.

Fälle der persönlichen Haftung

Nachfolgend soll ein kurzer Überblick über die Varianten der persönlichen Haftung der Gesellschafter gegeben werden. Dabei ist zu beachten, dass sich Rechtsprechung und Literatur zu diesem Thema stetig im Fluss befinden und daher künftig Änderungen nicht auszuschließen sind

Haftung der Gesellschafter aufgrund allgemeiner Regeln

Die persönliche Haftung des GmbH-Gesellschafters kann sich zunächst daraus ergeben, dass er für eine Gesellschaftsschuld gegenüber den Gläubigern vertragliche oder vertragsähnliche Verpflichtungen übernommen hat. Klassischerweise sind dies Schuldübernahmen, Schuldbeitritte, Garantien oder auch Bürgschaften zur Absicherung von Forderungen gegen die GmbH. Gerade zu Beginn der wirtschaftlichen Betätigung der GmbH oder in Fällen nur geringer Kapitalausstattung fordern Gläubiger vielfach derartige persönliche Sicherheiten der Gesellschafter.

Vermögensvermischung

Bei einer Ein-Mann-GmbH – entgegen des Wortlautes „Gesellschaft“ kann die GmbH auch von einer einzelnen Person gegründet werden – kann es dazu kommen, dass eine Trennung von Gesellschaftsvermögen und Privatvermögen des Gesellschafters nicht sorgfältig genug stattfindet. Wer das Privileg der Haftungsbeschränkung in Anspruch nehmen möchte, muss dafür Sorge tragen, dass eben auch eine strikte Trennung von eigenem – persönlichem – Vermögen und dem Vermögen der Gesellschaft gewährleistet ist. Nun ist allerdings zur Beruhigung zu sagen, dass bei Unklarheiten über die Zuordnung einzelner Gegenstände zum Vermögen der Gesellschaft oder zum Vermögen des Gesellschafters nicht gleich eine Vermögensvermischung in diesem Sinne vorliegt. Vielmehr muss eine undurchsichtige Buchführung die Abgrenzung zwischen Gesellschafts- bzw. Privatvermögen derart unmöglich gemacht haben, dass die Einhaltung der Kapitalerhaltungsvorschriften nicht mehr kontrolliert werden kann. Überwiegend wird hier nicht einmal ein Verschulden für erforderlich gehalten. Der Gesellschafter ist daher gut beraten, stets für eine klare Vermögenszuordnung zu sorgen.

Am Rande sei in diesem Zusammenhang erwähnt, dass bei einer Vermögensvermischung in o. g. Sinne regelmäßig auch den Geschäftsführer eine Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG wegen Verletzung der Buchführungspflichten treffen wird.

Fälle der Existenzvernichtung

Von praktisch erheblicher Relevanz sind die Fälle, in denen die Gesellschafter die Gesellschaft quasi „ausplündern“, sog. Existenzvernichtungshaftung. Die Haftung aufgrund von Existenzvernichtung besagt im Wesentlichen, dass es den Gesellschaftern nicht gestattet ist, durch Entzug von Vermögenswerten aus der Gesellschaft die Insolvenz herbeizuführen und somit den Gläubigern die Möglichkeit zu nehmen, ihre Ansprüche gegen die Gesellschaft zu befriedigen.

Dabei ist zu betonen, dass selbstverständlich im Fall der Insolvenz nicht grundsätzlich der Zugriff auf das Vermögen der Gesellschafter gestattet ist. Haben die Gesellschafter allerdings durch ihre Eingriffe in das Gesellschaftsvermögen die Insolvenz herbeigeführt, so müssen sie hierfür auch geradestehen.

Der BGH ordnet die Fälle des existenzvernichtenden Eingriffes mittlerweile dem gesetzlichen Tatbestand des § 826 BGB (vorsätzliche sittenwidrige Schädigung) zu. Die Haftung setzt zunächst die Insolvenz der Gesellschaft voraus, die durch Eingriffe der Gesellschafter in das Gesellschaftsvermögen herbeigeführt wurde. Zudem ist erforderlich, dass die Gesellschafter keine angemessene Rücksicht auf die Fähigkeit der Gesellschaft genommen haben, ihre Schulden zu erfüllen.

Liegen diese Voraussetzungen vor, hat die Gesellschaft gegen die Gesellschafter einen Anspruch darauf, das Gesellschaftsvermögen „aufzufüllen“. Sodann können mit dem aufgestockten Gesellschaftsvermögen die Gläubiger befriedigt werden. Den Anspruch gegen die Gesellschafter wegen Existenzvernichtung kann also grundsätzlich nicht der einzelne Gläubiger geltend machen. Anspruchsinhaberin ist zunächst die Gesellschaft selbst, der Anspruch wird dann im Insolvenzverfahren vom Insolvenzverwalter geltend gemacht. Lägen aber die Voraussetzungen des § 826 BGB vor, so müsste nach unserer Auffassung auch der Gläubiger klagebefugt und anspruchsberechtigt sein.

 Materielle Unterkapitalisierung

Es wird seit längerem rege diskutiert, auch im Falle einer sogenannten materiellen Unterkapitalisierung den Durchgriff auf das Gesellschaftervermögen zu erlauben[5].

Eine solche Unterkapitalisierung liegt dann vor, wenn die Gesellschafter in Anbetracht des Umfangs der Geschäfte und der damit einhergehenden Risiken die Gesellschaft mit zu wenig Kapital ausgestattet haben. Insbesondere sind dies die Fälle, in denen ein hohes Haftungsrisiko droht, die Gesellschaft aber nur mit dem Mindeststammkapital ausgestattet wurde.Zwar gibt es im Vereinsrecht einzelne Entscheidungen, in denen die Rechtsprechung in derartigen Fällen einen Durchgriff auf das Mitgliedervermögen erlaubt hat. Im Recht der GmbH wird mittlerweile von der Rechtsprechung die Figur der materiellen Unterkapitalisierung abgelehnt, nachdem dies lange Zeit nicht eindeutig geklärt war. Gleichwohl hat die Rechtsprechung stets betont, dass ein Anspruch gegen die Gesellschafter zwar nicht wegen der Figur der materiellen Unterkapitalisierung gegeben ist, gleichwohl kann sich im Einzelfall eine Haftung aus allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen ergeben, insbesondere vor dem Hintergrund des § 826 BGB. Damit ist aber auch gesagt, dass allein der Umstand, dass einer geringen Kapitalausstattung objektiv ein hohes Haftungsrisiko entgegensteht, keine persönliche Haftung für die Gesellschafter begründet. Es müssen daher regelmäßig weitere Umstände erfüllt sein (etwa die Sittenwidrigkeit, die § 826 BGB fordert).

 Rechtsformmissbrauch

Hinzuweisen sei an dieser Stelle darauf, dass diskutiert wird, ob auch ein sog. Institutsmissbrauch (Rechtsformmissbrauch) der GmbH zu einer persönlichen Haftung der Gesellschafter führen kann. Dies wird angenommen, wenn ein Gesellschafter sich einer GmbH bedient, um die Gläubiger zu schädigen; der Schutzschirm der GmbH soll dann wegen § 242 BGB dem missbrauchenden Gesellschafter nicht zugute kommen. Diskutiert wird dies u. a. im Zusammenhang mit der Konstellation, in der für ein besonders risikoträchtiges einzelnes Geschäft eine eigene GmbH gegründet wird (Projekt-GmbH), um nur für diesen kleinen Ausschnitt des Geschäftsbetriebs eine Haftungsbegrenzung zu erreichen. Soweit ersichtlich, hat die Rechtsprechung hier aber bislang allein wegen des Umstandes des Vorliegens einer Projekt-GmbH keinen Haftungsdurchgriff zugelassen. Insofern dürften Parallelen zum Falle der Unterkapitalisierung bestehen – wenn für ein einzelnes Projekt die Kapitalausstattung zu gering ist, dürfte dies per se nicht genügen, den Zugriff auf das Gesellschaftervermögen zu gestatten. Gleichwohl kann im Einzelfall auf der Grundlage allgemeiner gesetzlicher Vorschriften eine persönliche Haftung bestehen, insbesondere vor dem Hintergrund des bereits vielfach erwähnten § 826 BGB.

Um hier aber noch einmal für etwas Beruhigung zu sorgen, sei gesagt, dass die persönliche Haftung des GmbH-Gesellschafters generell eine Ausnahme darstellt, die einen ordentlich wirtschaftenden Unternehmer niemals treffen wird.

 Zusammenfassung

Die GmbH als klassische Gesellschaftsform des Mittelstandes ist aus der deutschen Unternehmerlandschaft nicht wegzudenken, bietet sie doch den Unternehmern attraktive Vorteile, wie etwa die Haftungsbeschränkung. Es zeigt sich aber auch immer wieder, dass die GmbH offensichtlich zum Missbrauch einlädt. Damit der Gesellschafter sich nicht der persönlichen Haftung aussetzt, muss er im Grunde lediglich Folgendes beachten:

Die GmbH ist eine eigenständige Person mit einem eigenständigen Vermögen.

Beherzigt der Gesellschafter dies, so hat er grundsätzlich nichts zu befürchten. Kritisch wird es allerdings, wenn diese strikte Trennung nicht mehr beibehalten wird (Vermögensvermischung) oder aber der Gesellschafter die GmbH als „Selbstbedienungsladen“ zweckentfremdet (Existenzvernichtung).

In diesen Fällen ist das Privatvermögen der Gesellschafter vor fremdem Zugriff nicht mehr sicher.

Resümierend sei aber noch einmal betont, dass sich der Gesellschafter grundsätzlich darauf verlassen darf, nicht persönlich zu haften, der Durchgriff auf das Gesellschaftervermögen also lediglich eine absolute und seltene Ausnahme ist.

– Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte –