Das Geschäftsgeheimnisgesetz – welche Maßnahmen sind zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen nötig?

von Rechtsanwalt Stephan Michaelis

Liebe Mandantinnen und Mandanten,
liebe Versicherungsmaklerinnen und -makler,

(Hamburg; den 27.01.2020) mit einiger Verspätung – die Umsetzungsfrist der zugrunde liegenden EU-Richtlinie 2016/943 lief bereits letztes Jahr am 9. Juni 2018 ab – wurde das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) am 21. März 2019 vom Bundestag verabschiedet und nun vom Bundesrat am 12. April wie geplant bestätigt.

Darin wird der bisher nur vereinzelt gesetzlich geregelte Schutz von Geschäftsgeheimnissen (bisher vor allem in den §§17-19 UWG) und der richterrechtlich geformte Geheimnisbegriff in einem neuen Spezialgesetz zusammengefasst und konkretisiert.

Unternehmen, wie z. B. Versicherungsmakler, können nach dem neuen GeschGehG wie zuvor gegen unerlaubte Erlangung, Nutzung oder Offenbarung von Geschäftsgeheimnissen vorgehen; bei schweren Verstößen drohen weiterhin auch strafrechtliche Konsequenzen für den Schädiger. Neu eingeführt werden jedoch die gesetzlichen Konkretisierungen der einzelnen Ansprüche, sowie spezielle neue Verfahrensvorschriften, die die Geheimhaltung im gerichtlichen Verfahren sicherstellen. Und der nun erstmals gesetzlich definierte – und im Vergleich zur bisherigen Rechtslage geänderte neue Begriff der Geheimhaltung!

Die neue Definition enthält ein bisher im deutschen Recht nicht vorhandenes Kriterium: das Vorliegen angemessener Geheimhaltungsmaßnahmen durch den Geheimnisinhaber. Unternehmen müssen nun aktiv werden, damit ihr schützenswertes Know-How auch von dem Schutz des neuen Gesetzes profitiert.

I. Begriff Geschäftsgeheimnis

Ein Geschäftsgeheimnis ist nach der neuen Definition des § 2 Abs. 1 Nr. 1 GeschGehG eine Information, die alle vier nachfolgenden Kriterien erfüllt:

– Sie ist den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich.

– Weil sie geheim ist, besitzt sie wirtschaftlichen Wert.

– Die Information ist Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen „durch“ den rechtmäßigen Inhaber.

– Es besteht ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung.

Typischerweise werden hierzu zum Beispiel Herstellungsverfahren, Kunden- und Lieferantenlisten, Kosteninformationen, Geschäftsstrategien, Unternehmensdaten, Marktanalysen, Prototypen, Formeln, Rezepte und individuelle Versicherungskonzepte zählen. Doch nicht jedes Herstellungsverfahren oder ähnliches, die unternehmensintern als „vertraulich“ bezeichnet wird oder dafürgehalten wird, fällt notwendigerweise unter den neuen Begriff des Geschäftsgeheimnisses.

Mit der Einführung des Kriteriums „angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen“ müssen alle Unternehmen diese nun proaktiv schützen. Nur dann greift der gesetzlich vorgesehene Schutz und gibt dem Geheimnisinhaber Abwehrrechte. Nach der bisherigen Rechtslage reichte ein subjektiver Geheimhaltungswille statt dem zukünftig geltenden Ergreifen (objektiver) Geheimhaltungsmaßnahmen aus, an den keine hohen Anforderungen gestellt wurden. Es genügte der Rechtsprechung mitunter sogar, wenn sich dieser Wille aus der Natur der geheim zu haltenden Tatsache ergab. Diese Änderung des Geheimnisbegriffs wird einhellig – so auch in der Gesetzesbegründung der Bundesregierung – als Verschärfung der Anforderungen des Geheimnisschutzes verstanden.

Welche Maßnahmen müssen nun von den Vermittlerbetrieben ergriffen werden?

Um Geschäftsgeheimnisse entsprechend zu schützen, können Unternehmen verschiedene Maßnahmen ergreifen. In Frage kommt dafür technischer, organisatorischer und vertraglicher Know-how-Schutz. Welche Arten von Geheimhaltungsmaßnahmen konkret erfolgen müssen, hängt von der Art des Geschäftsgeheimnisses im Einzelnen und der konkreten Nutzung ab. Die Gesetzesbegründung zum GeschGehG verweist dafür beispielhaft insbesondere auf vertragliche Sicherungsmechanismen.

Arbeitsrechtliche oder handelsvertreterrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten

Vertragliche Sicherungsmechanismen lassen sich vertraglich auf mehreren Wegen umsetzen: Bereits im Arbeits- oder Vertriebspartnervertrag kann eine Verschwiegenheitsverpflichtung aufgenommen werden bzw. sollte, falls schon vorhanden, auf deren Wirksamkeit überprüft werden.

Der Abschluss von Verschwiegenheitsvereinbarungen (Non-Disclosure Agreements) mit den Know-how-Trägern im Unternehmen kann sinnvoll sein. Zwar besteht z. B. grundsätzlich eine Verschwiegenheitsverpflichtung im bestehenden Arbeitsverhältnis. Jedoch kann eine gesonderte vertragliche Vereinbarung das Bewusstsein über das Bestehen und die Reichweite dieser Verpflichtung schaffen. Zudem kann diese für den Zeitraum nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch die Nutzung konkret bezeichneter Geschäftsgeheimnisse durch den Arbeitnehmer selbst ausschließen. Ohne eine vertragliche Regelung könnte der Arbeitnehmer diese nämlich zumindest für seinen eigenen Nutzen verwenden. Hierbei sollte darauf geachtet werden, nicht die Grenze zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot zu überschreiten, da sonst die Unwirksamkeit der Verschwiegenheitsverpflichtung drohen könnte.

Solche nachvertraglichen Wettbewerbsverbote können zwar ebenfalls eine sinnvolle Know-how-Schutzmaßnahme darstellen, müssen jedoch um verbindlich zu sein eine Entschädigung vorsehen, sowie die weiteren Grenzen der §§ 74 ff.  und § 90a HGB beachten.

3. Beispiele für Geheimhaltungsmaßnahmen

Rechtlich:

– Verschwiegenheitsverpflichtungen (auch nach Beendigung?)

– Konkretisierung was als Geschäftsgeheimnis verstanden wird?

– Nachvertragliche Wettbewerbsklausel (max. 2 Jahre und Karenzentschädigung erforderlich)

– Weisungen und Richtlinien im Umgang mit Geschäftsgeheimnissen

– Einordnung von Arbeitnehmern nach bestimmten ‚Geheimhaltungsstufen‘

Technisch

– Zugangssperren für Verwaltungsprogramme oder sonstige Programme oder Systeme

– Nutzung von Passwörtern und Codes

– Sonstige physische Zugangssperren

Organisatorisch

– Handlungsempfehlungen/Richtlinien

– Ausarbeitung von Schutzkonzepten

II. Erlaubte Handlungen/Handlungsverbote

Erlaubte Handlungen

– eine eigenständige Entdeckung oder Schöpfung

– Beobachten, Untersuchen, Rückbauen oder Testen eines Produkts oder Gegenstands

– Ausüben von Informations- und Anhörungsrechten der Arbeitnehmer oder Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmervertretung

– durch Gesetz, auf Grund eines Gesetzes oder durch Rechtsgeschäft gestattet ist

Handlungsverbote


unbefugten Zugang zu Datensammlungen, unbefugte Aneignung oder unbefugtes Kopieren von Dokumenten, Gegenständen, Materialien, Stoffen oder elektronischen Dateien

– jedes sonstige Verhalten, das unter den jeweiligen Umständen nicht dem Grundsatz von Treu und Glauben unter Berücksichtigung der anständigen Marktgepflogenheit entspricht.

– Ein Geschäftsgeheimnis darf nicht nutzen oder offenlegen, wer das Geschäftsgeheimnis durch eine eigene Handlung, gegen eine Verpflichtung zur Beschränkung der Nutzung des Geschäftsgeheimnisses verstößt oder gegen eine Verpflichtung verstößt, das Geschäftsgeheimnis nicht offenzulegen.

– Ein Geschäftsgeheimnis darf nicht erlangen, nutzen oder offenlegen, wer das Geschäftsgeheimnis über eine andere Person erlangt hat und zum Zeitpunkt der Erlangung, Nutzung oder Offenlegung weiß oder wissen müsste, dass es sich um ein Geschäftsgeheimnis handelt

III. NEUE gesetzliche Ansprüche bei Rechtsverletzungen

– Beseitigung und Unterlassung

– Vernichtung; Herausgabe; Rückruf; Entfernung und Rücknahme vom Markt

– Auskunft über rechtsverletzende Produkte; Schadensersatz bei Verletzung der Auskunftspflicht

– Abfindung in Geld

IV. Sonstige Besonderheiten

– Für Klagen vor den ordentlichen Gerichten, sind nur die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Für Klagen ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Hat der Beklagte im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand, ist nur das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen worden ist.

– Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag einer Partei bei Zuwiderhandlungen gegen ein Geheimnisverbot ein Ordnungsgeld bis zu 100.000 Euro oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten festsetzen und sofort vollstrecken.

– Verletzung von Geschäftsgeheimnissen kann mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe geahndet werden

– §§ 17 bis 19 UWG werden (hierfür) aufgehoben

Für weitere Fragen oder neue Vertragsgestaltungen stehen wir Ihnen sehr gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr,

Stephan Michaelis LL.M.
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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