Ändern Sie Ihren Versicherungsmaklervertrag in folgenden Punkten:

Liebe Versicherungsmaklerinnen und Versicherungsmakler,
liebe Mandantinnen und Mandanten,

wie jeder Unternehmer befindet sich der Versicherungsmakler im Wettbewerb und konkurriert mit Berufskollegen, Vertretern und Direktvertrieben um Marktanteile. Durch digitalen Wandel, Generationenwechsel und politische Vorstöße gegen das etablierte Courtagesystem verschärft sich dieser Wettbewerb immer weiter. So verwundert es nicht, dass Akquise und Werbung nicht in jedem Fall immer konfliktfrei gelingen. Im Gegenteil, wettbewerbs- und markenrechtliche Abmahnungen sind in der Maklerschaft leider wohlbekannt. Ein Novum ist jedoch, dass sich der mahnende Blick von Verbraucherschutzverbänden auf die Geschäftspraktiken von Versicherungsmaklern richtet. Dies ist nun allerdings geschehen, als der Bundesverband-Verbraucherzentrale kürzlich einen branchentypischen Maklervertrag in mehreren Punkten abgemahnt hat.

1. Rechtsentwicklungen haben zur Unwirksamkeit typischer Klauseln geführt

Im Wege der Schuldrechtsmodernisierung zu Beginn der 2000er-Jahre wurde in der Bundesrepublik das Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) erlassen, dessen Besonderheit v.a. die Einführung eines Verbandsklagerechts in Verbraucherschutzangelegenheiten ist. Diese Ausnahme zum ansonsten für das deutsche Zivilrecht konstitutiven Individualklagegebot, erlaubt es u.a. qualifizierten Einrichtungen i.S.v. § 4 UKlaG, die satzungsmäßig Verbraucherinteressen schützen, Marktteilnehmer wegen der Verwendung unwirksamer AGB gem. §§ 307-309 BGB in Anspruch zu nehmen. Als der Klage vorgeschaltete Auseinandersetzungsebene ist es den entsprechend-qualifizierten Verbänden gem. § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG folgerichtig auch möglich, die Verwendung unwirksamer AGB als unlautere Geschäftshandlung abzumahnen, da diese regelmäßig einen Rechtsbruch i.S.v. § 3a UWG darstellt.

Diese Art der Aufmerksamkeit seitens von Verbraucherschutzverbänden kann nicht im Interesse des Versicherungsmaklers sein. Schließlich geht mit Abmahnungen nicht nur das Potenzial des Reputationsverlusts, sondern auch ein erheblicher betrieblicher Aufwand einher, da man die geltend gemachten Rechtsverstöße prüfen und hinsichtlich von Abwehrmöglichkeiten evaluieren muss. Auffällig ist, dass derartige Konfrontationen in der Vergangenheit, ja sogar über zwei Jahrzehnte der Branchenpraxis hinweg, keine Rolle gespielt haben. Hier drängt sich die Frage auf, weshalb Versicherungsmaklerverträge nun zum Gegenstand einer solchen „verbraucherpolizeilichen“ Kontrolle geworden sind. Ein Blick auf die abgemahnten Vertragsinhalte bietet dabei Aufschluss. Und zwar beanstandet die Verbraucherzentrale unter anderem drei Klauselgestaltungen, bei denen es sich um das Abtretungsverbot, die Erklärungsfiktion und die Rechtsnachfolgeklausel handelt.

2. Unwirksamkeiten können durch leichte Veränderungen oder Anpassungen geheilt werden

a) Abtretungsverbot

Auffällig ist, dass zwei der genannten drei Vertragsgestaltungen in jüngerer Zeit von Rechtsänderungen betroffen waren. Das Abmahnpotenzial, das sich nun realisiert hat, ist also erst kürzlich entstanden. Das früher – und heute womöglich immer noch – in vielen Maklerverträgen enthaltene Verbot, das es dem Versicherungsnehmer untersagt, die Ansprüche aus dem Maklervertrag an Dritte abzutreten, damit sich der Makler nicht fremden Gläubigern ausgesetzt sieht, ist nunmehr durch das sog. Gesetz über faire Verbraucherverträge gem. § 308 Nr. 9 BGB im Regelfall unzulässig. Hierrüber informierten wir bereits mit Newsletter von Anfang Februar 2022. Zulässig bleibt das Abtretungsverbot jedoch im B2B Bereich, sodass eine wirksame Gestaltung in Maklerverträgen wie folgt formuliert werden kann:

(1) Sämtliche sich aus diesem Vertragsverhältnis ergebenden Rechte oder Ansprüche des Mandanten gegen den Makler sind nicht übertragbar, abtretbar oder belastbar.

(2) Diese Regelung findet gegenüber Verbrauchern keine Anwendung.

b) Erklärungsfiktion

Viele Makler verwendeten in ihren AGB überdies die sog. Erklärungsfiktion. Eine Gestaltung, die nicht nur für die Versicherungsvermittlung, sondern auch in geradezu allen denkbaren Wirtschaftszweigen, die Massengeschäft zu bewältigen haben, etabliert gewesen ist. Sie erlaubte AGB-Verwendern, ihre Geschäftsbedingungen in der Weise anzupassen, dass sie den Vertragspartnern die Änderung anzeigten, um diese dann bei ausbleibendem Widerspruch als akzeptiert zu fingieren. Dies war ein probates und wichtiges Mittel zur Vermeidung gewaltiger Bürokratie in Geschäften mit sehr großen Kundenkreisen. Mit Newslettern von Mai 2021 und Januar 2022 haben wir Sie darüber informiert, dass der BGH (Urt. v. 27.04.2021 – Az. XI ZR 26/20) diese Vertragsgestaltung sehr einschränkend beurteilt hat. Dies gilt selbstverständlich auch für die Klauselverwendung in Maklerverträgen. Um hier Unwirksamkeiten zu vermeiden, kann einerseits ganz auf die Klausel verzichtet werden oder andererseits der Versuch unternommen werden, die Klausel in ihrem Inhalt wirksamkeitserhaltend zu reduzieren. Hierzu haben wir Ihnen die folgende Klausel vorgeschlagen, die eventuell auch dem neuen strengen Prüfungsmaßstab des BGH standhält. Versprechen können wir Ihnen das natürlich nicht.

Neue Empfehlung:

(1) Der Mandant willigt ein, dass sein Schweigen auf ein Vertragsänderungsangebot, unter Beachtung der nachgenannten Voraussetzungen, als Zustimmung gilt.

(2) Der Makler kann dem Mandanten nur aus triftigem Grund Änderungen der Geschäftsbedingungen anbieten. Widerspricht der Mandant den angebotenen Änderungen nicht innerhalb angemessener Frist, so gilt das Schweigen des Mandanten ausnahmsweise als Zustimmung.

(3) Ein triftiger Grund liegt vor, wenn Regelungen dieses Vertrags direkt oder mittelbar durch eine Rechtsänderung (Gesetzesänderung, Neuregelung oder Rechtsprechung) betroffen sind oder sich durch eine Rechtsänderung nachträglich eine Regelungslücke im Vertrag ergeben hat.

(4) Der Makler zeigt dem Mandanten die angebotenen Änderungen in Textform unter Nennung des Zeitpunkts des Wirksamwerdens an. Der Makler übermittelt dem Mandanten die Änderungsanzeige mit angemessener Frist, d.h. wenigstens zwei Monate vor Wirksamwerden der Änderungen. Die Änderungsanzeige des Maklers enthält zudem eine Gegenüberstellung von angebotener und geltender Regelung, wenn die angebotene Änderung an die Stelle einer zuvor geltenden Regelung tritt. Der Makler belehrt den Mandanten in seiner Änderungsanzeige über die Zustimmungswirkung seines Schweigens, den Grund der Änderung und die Folgen eines Widerspruchs.

(5) Widerspricht der Kunde der angebotenen Änderung binnen der angemessenen Frist, wird der Vertrag mit den alten Geschäftsbedingungen fortgesetzt.

Gerade gegenüber Verbrauchern bedarf es daher dringend einer Änderung oder auch kompletten Streichung im Versicherungsmaklervertrag!

c) Rechtsnachfolgeklausel

Daneben hat die Verbraucherzentrale die sog. Rechtsnachfolgeklausel abgemahnt, die für viele Makler perspektivisch wichtig ist, um die eigene Geschäftsbeendigung wirtschaftlich angemessen umsetzen zu können. Die Rechtsnachfolgeklausel regelt, dass der Versicherungsnehmer antizipiert zustimmt, dass seine Verträge durch Geschäftsübernahme, Verkauf oder Zusammenschluss an einen anderen Makler übertragen werden. Eine solche Klausel ist an § 309 Nr. 10 BGB zu messen, wonach eine solche Gestaltung, solange sie den potenziellen neuen Vertragspartner nicht ausdrücklich benennt, nur wirksam sein kann, wenn dem Kunden für den Fall des Vertragspartnerwechsels, ein außerordentliches Lösungsrecht eingeräumt wird. Der abgemahnte Makler hatte solch ein solches außerordentliches Lösungsrecht nicht ausdrücklich aufgenommen. Eine dieses Gebot beachtende Formulierung könnte gemäß Absatz 2) wie folgt lauten:

(1) Der Kunde willigt bereits jetzt in eine etwaige Vertragsübernahme durch einen anderen oder weiteren Versicherungsmakler, beispielsweise durch Verkauf oder Erweiterung des Maklerhauses ein. Er erklärt sich damit einverstanden, dass in einem solchen Falle die für die Vermittlung und Betreuung von zukünftigen bzw. bestehenden Verträgen erforderlichen Informationen und Unterlagen weitergegeben werden.

(2) Bevor eine Vertragsübernahme erfolgen darf, wird der Kunde mit hinreichendem zeitlichem Vorlauf informiert und erhält die Möglichkeit einer Vertragsübernahme binnen einer Frist von 4 Wochen zu widersprechen und den Maklervertrag außerordentlich und fristlos zu kündigen.

3. Abmahnrisiko kein Grund zur Besorgnis, aber Mahnung zur Vertragsaktualität

Versäumt man die Ausräumung entsprechender Anpassungen und setzt die Verwendung möglicher unwirksamer Vertragsgestaltungen fort, besteht die Gefahr einer berechtigten Abmahnung. In den meisten Fällen kann der Abmahnende dann im Rahmen des Unterlassungsanspruchs gem. § 8 Abs. 1 UWG die Abgabe einer sogenannten strafbewährten Unterlassungserklärung verlangen, in der sich der Makler mit einem ausreichend hohen Vertragsstrafenversprechen verpflichtet, die entsprechende Geschäftshandlung (Nutzung des Versicherungsmaklervertrages) künftig zu unterlassen. Eine solche „Unterwerfung“ ist natürlich alles andere als angenehm und geht üblicherweise mit dem gegnerischen Anspruch auf Kostenerstattung einher, d.h., dass der Abgemahnte dem Abmahnenden die entstehenden Kosten, mithin v.a. die Rechtsanwaltsgebühr, in Rechnung stellenkann. Hier werden schnell Summen im Bereich von mehr als EUR 1.000,00 gefordert.

Es zeigt sich insgesamt, dass die von der Verbraucherzentrale abgemahnten Rechtsbrüche bzw. Verwendungen unwirksamer Geschäftsbedingungen ohne größere Mühen ausgeräumt werden können; damit fällt sogleich das Abmahnrisiko. Allerdings beweist die Praxis auch, dass die laufende Aktualisierung von Vertragsdokumenten und die damit verbundene intensive Auseinandersetzung mit Rechtsthemen häufig gegenüber drängenden Vertriebsthemen im Maklerhaus zurückgestellt wird. So kommt es nicht selten vor, dass die Überarbeitung des eigenen Vertragswerks verzögert oder gar vergessen wird. Im Hinblick auf die soeben dargelegten, doch empfindlichen Auswirkungen einer berechtigten Abmahnung sollte dies jedoch unbedingt vermieden werden. Daher raten wir Ihnen:

Stellen Sie Ihre Dokumente turnusmäßig auf den Prüfstand oder verwenden Sie z.B. appRIORI (www.maklervertrag.info); dort werden die verfügbaren Dokumente regelmäßig durch anwaltliche Hand gepflegt und aktualisiert! Auch wir stehen Ihnen für individuelle Beratung zur Verfügung.

4. Fazit

• Wir empfehlen Ihnen dringend die vorgeschlagenen Änderungen unverzüglich in Ihrem Versicherungsmaklervertrag für die Zukunft zu ändern, damit Sie nicht der nächste sind, der abgemahnt wird.
• Es bietet sich auch nicht an, die eigenen Versicherungsmakler-AGB`s online für jedermann einsichtbar auf die Internetseite zu stellen.
• Vorsicht auch, wenn Sie sich als besonders unabhängig als Versicherungsmakler positionieren.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen erfolgreichen Monat und weiterhin ein abmahnfreies Geschäftsjahr!

Herzliche Grüße!

Ihr,

Stephan Michaelis LL.M.
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht