Oberlandesgericht Braunschweig
Hinweisbeschluss vom 29.09.2020
Az.: 11 U 68/19
Versicherungssparte: Landwirtschaftbetriebsversicherung
Kürzung: 20 %

Stichwörter: Obliegenheitsverletzung, Brand, Selbstentzündung, Sachverständiger

Hinweisbeschluss

In dem Rechtsstreit

des Herrn H. G., …..,

Klägers und Berufungsklägers,

Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt S. S., …..,

gegen

die C. Versicherungs-Gesellschaft a.G., vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Dr. H. F., …..,

Beklagte und Berufungsbeklagte,

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Dr. S. & Kollegen, …….,

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Dr. X, die Richterin am Landgericht Dr. Y und den Richter am Oberlandesgericht Z am 29. September 2020 beschlossen:

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 16.04.2019 gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss als unbegründet zurückzuweisen.

Gründe:

I.

Der Kläger, Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs, macht gegenüber der Beklagten Ansprüche aus einer Landwirtschaftbetriebs-Versicherung geltend. Der Versicherungsschutz erstreckt sich sowohl auf die zum landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers gehörenden Gebäude als auch auf deren Inhalte.

Dem Versicherungsvertrag liegen die Besonderen Bestimmungen zu den ABL 2008 und die Allgemeinen Bestimmungen zur Sachversicherung zugrunde. Insoweit wird auf Anlage B1 Bezug genommen.

In den frühen Morgenstunden des 09.07.2014 kam es in einer auf der Hofstelle des Klägers befindlichen Halle, in der jedenfalls zahlreiche Großballen Heu gelagert waren, zu einem Brandereignis, aufgrund dessen das gesamte in der Halle befindliche Erntegut vernichtet und die Halle zerstört wurde.

Dem Kläger entstand hierdurch ein Gesamtschaden in Höhe von 443.245,00 €, auf den die Beklagte einen Betrag in Höhe von insgesamt 354.696,00 € zuzüglich Zinsen leistete.

Er hat erstinstanzlich behauptet, das Feuer sei durch Brandstiftung entstanden.

Eine Selbstentzündung der gelagerten Heu- und Strohballen sei auszuschließen. Der Feuchtigkeitsgehalt jedes Ballens sei vor der Einlagerung geprüft worden und habe zwischen 9% und 14% gelegen.

Auch sei die Temperatur jedes Ballens gemessen worden und habe unter 22˚C gelegen. Nach der Einlagerung sei das Erntegut ständigen Sicht- und Geruchsproben sowie stichprobenartigen Feuchtigkeitsmessungen unterzogen worden.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 88.649,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.12.2014 sowie weitere 2.217,45 € zu zahlen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, der Brand sei durch eine Selbstentzündung des Heus entstanden. Aufgrund der Art der Lagerung der Ballen sei eine bedingungsgemäße Überprüfung der Ballen auf eine mögliche Selbstentzündung nicht mehr möglich gewesen. Das stelle nach ihrer Ansicht eine grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung dar, die zu einer Leistungskürzung im Umfang von 20% berechtige.

Das Landgericht Braunschweig hat mit Urteil vom 16.04.2019 (Bl. 179 ff. d.A.) die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die von der Beklagten nach § 28 Abs. 2 Satz 2 VVG vorgenommene Leistungskürzung sei nicht zu beanstanden, da der Kläger die Einhaltung der ihm obliegenden vertraglich vereinbarten Sicherheitsvorschriften grob fahrlässig nicht beachtet und dies zum Eintritt des Versicherungsfalls beigetragen habe.

Nach den Allgemeinen Bestimmungen zu den ABL 2008 und den Allgemeinen Bestimmungen zur Sachversicherung sei getrocknetes Erntegut so zu lagern, dass jeder Punkt des Stapels mit einem Messgerät kontrolliert werden könne. Darüber hinaus seien ständige Kontrollen auf Selbstentzündung vorzunehmen. An diese Vorgaben habe sich der Kläger bereits nach seinem eigenen Vortrag nicht gehalten. Die Heuballen seien so gelagert worden, dass sie einander teilweise überlappt hätten, so dass lediglich lagerungsbedingte Zwischenräume zwischen den Ballen bestanden hätten. Begehbare Gänge zwischen den Ballenstapeln hätten hingegen nicht existiert. Die Überprüfung jedes einzelnen Ballens sei damit nach der Einlagerung nicht mehr möglich gewesen.

Der Verstoß gegen die Lagerungs- und Prüfobliegenheit des Klägers sei hier auch als objektiv und subjektiv grob fahrlässig einzustufen. Gerade bei Heuballen bestehe aufgrund der Tätigkeit von im Heu aktiven Bakterien und Pilzen ab einem Feuchtigkeitsgrad von 16% die Gefahr, dass es zu einer Erwärmung komme, die schließlich zu einer Selbstentzündung des Heus führen könne. Dieses erhebliche Risiko sei dem Kläger als Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs auch bekannt gewesen. Insbesondere bei den Mengen an gelagerten Heuballen, die sich in der Scheune befunden hätten und der Nähe der Scheune zu benachbarten Gebäuden habe für den Kläger damit eine umfassende Sicherungspflicht bestanden, um eben eine Entzündung der Ballen und damit eine massive Sach- und Personengefährdung zu vermeiden. Diese Sicherungspflicht habe der Kläger in ungewöhnlich großem Maße dadurch verletzt, dass er die Temperatur und den Feuchtigkeitsgehalt der eingelagerten Ballen schon lagerungsbedingt nicht habe in ausreichendem Maße überprüfen können.

Dem Kläger sei auch nicht der Nachweis gelungen, dass er seine Sicherungspflicht nicht grob fahrlässig verletzt habe. Soweit der Kläger vortrage, er habe die Heuballen im Vorfeld bereits so umfassend kontrolliert, dass sichergestellt sei, dass jeder einzelne Ballen unter der für eine Selbstentzündung erforderlichen Temperatur und Feuchte gelegen habe, so habe er dies nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht belegen können. Ob tatsächlich jeder einzelne Ballen vor der Einlagerung geprüft worden sei, habe der Zeuge D. G. nicht bestätigen können.

Darüber hinaus sprächen auch die Ausführungen des Sachverständigen H. gegen eine umfassende Prüfung jedes einzelnen Ballens vor der Einlagerung. Nach dessen Ausführungen sei der Brand in der Halle des Klägers durch eine Selbstentzündung entstanden. Den Ausführungen des Sachverständigen schließe sich die Kammer nach eigener kritischer Würdigung an. Da nach alledem von einer Selbstentzündung des Heus auszugehen sei, sei es im Umkehrschluss nahezu ausgeschlossen, dass jeder einzelne Ballen ordnungsgemäß auf seinen Feuchtigkeitsgehalt und seine Temperatur hin überprüft worden sei.

Die seitens des Klägers und des Zeugen G. vorgenommenen Sicht- und Geruchsproben sowie stichprobenartigen Feuchtigkeitsmessungen seien nicht zur umfassenden Sicherung der Ballen geeignet gewesen. Die beschriebenen Kontrollen hätten nur einen Bruchteil der eingelagerten 3.100 Ballen abgedeckt, da aufgrund der Lagerung des Heus nur die obersten Ballen der aus jeweils 9 bis 12 Ballen stehenden „Heutürme“ zu sehen seien. Die unteren Schichten könnten jedoch weder eingesehen noch mit einer Messlanze kontrolliert werden. Eine auffällige Geruchsentwicklung sei nach den Ausführungen des Sachverständigen kein zwingendes Anzeichen für einen entstehenden Glimmbrand. Darüber hinaus sei zweifelhaft, ob ein im unteren Bereich der Halle entstehender Geruch noch in ca. 10 m Höhe unter dem Dach wahrzunehmen sei.

Die grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung des Klägers sei auch kausal für den entstandenen Schaden gewesen. Die von der Beklagten vorgenommene Leistungskürzung um 20% sei angesichts des Ausmaßes der Pflichtverletzung des Klägers angemessen.

Gegen dieses, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 17.04.2019 (Bl. 188 d.A.) zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 15.05.2019, eingegangen beim Oberlandesgericht am selben Tage (Bl. 195 f. d.A.), Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 12.06.2019 am 13.06.2019 begründet (Bl. 201 ff. d.A.).

Zur Begründung der Berufung führt er aus, dass eine Verletzung der Vorschriften der §§ 412, 286 ZPO gerügt werde. Das erstinstanzliche Gericht habe seine Entscheidung ausschließlich auf das Sachverständigengutachten des Sachverständigen H. gestützt, obwohl dieses erhebliche Fehler und Widersprüche aufweise und darüber hinaus ein von Seiten des Klägers vorgelegtes Privatgutachten des Sachverständigen Dr. H. vollständig ignoriere.

In einem solchen Fall wäre es geboten gewesen, ein weiteres Gutachten einzuholen.

Im vorliegenden Fall sei die mündliche Anhörung des Sachverständigen nicht ausreichend zur Klärung des Sachverhalts gewesen, da die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen erhebliche Widersprüche aufgewiesen hätten, welche sich auch in der mündlichen Anhörung des Sachverständigen fortgesetzt hätten.

Der Sachverständige habe seine Annahme, dass es sich zunächst um einen durch Selbstentzündung entstandene Glimmbrand gehandelt habe, daran festgemacht, dass sich an der Wand der Halle Betonabplatzungen gefunden hätten. Aufgrund einer derartigen Spurenlage zu einem derartigen Ergebnis zu kommen, sei technisch unmöglich, so dass davon auszugehen sei, dass eine Brandstiftung von außen genauso gut in Betracht kommen könnte. Auch anlässlich seiner mündlichen Anhörung sei der Sachverständige nicht in der Lage gewesen zu erklären, wie ein angeblicher Glimmbrand deutlich auf einem anlässlich der Beweisaufnahme überreichten Lichtbild erkennbare Lücken zwischen den einzelnen Heustapeln übersprungen haben sollte, ohne dass es zu einer offenen Entzündung gekommen sei.

Der Sachverständige habe ferner nicht aufklären können, warum seiner Auffassung nach Glut aus einem angeblichen Glutkanal, welcher maximal eine Temperatur von 500˚C aufweisen könne, zu derartigen Abplatzungen führen könne. Bei einer Temperatur von lediglich 500˚C komme es zu keinen Abplatzungen, vielmehr sei dies eine Temperatur, bei der Beton getrocknet werde.

Gleichermaßen habe der Sachverständige bei seiner Anhörung hinsichtlich eines von ihm angesprochenen, von einer Zeugin wahrgenommenen Flügelgeräuschs sich darauf zurückgezogen, dass diese Aussage für ihn lediglich ein Indiz für die Durchzündung von Gasen gewesen sei, was im eklatanten Widerspruch zu den Ausführungen im Gutachten stehe.

Hinzu kämen erhebliche fehlerhafte Darstellungen in der Begutachtung, so beispielsweise die Aussage des Sachverständigen, dass die immer wieder aufgeführten Abplatzungen an der Betonwand von der Lage grob mit den darüber befindlichen deutlich erkennbaren Verformungen an den Metallstreben an der Außenwand korrespondieren würden. Tatsächlich befänden sich diese Verformungen rund 12-14 m weiter östlich.

Der Sachverständige gehe darüber hinaus in seinem Ergänzungsgutachten von lediglich einer Branddauer von vier Stunden aus und übersehe, dass tatsächlich die Dauer des Brandes 40 Stunden betragen habe.

Es wäre nach alledem geboten gewesen, hier den Sachverhalt weiter aufzuklären, was bei der komplizierten Sachlage nur durch Einholung eines weiteren Gutachtens durch einen anderen Sachverständigen möglich gewesen wäre.

Aufgrund der unzutreffenden Aussagen im Sachverständigengutachten werde dem Kläger unterstellt, er habe die Prüfung der einzelnen Heuballen vor Einlagerung nicht, wie von ihm dargestellt, vorgenommen. Demgegenüber sei dargestellt und unter Beweis gestellt worden, mit welcher Sorgfalt jeder einzelne Ballen vor Einlagerung auf Temperatur und Feuchtigkeit geprüft worden sei.

Darüber hinaus habe das erstinstanzliche Gericht die Aussage des Zeugen G. zum Prozedere bei der Einlagerung der Heuballen teilweise ignoriert. Es könne gar nicht darauf ankommen, ob der Zeuge bei jeder Messung, die durch den Kläger durchgeführt worden sei, persönlich zugegen gewesen sei. Vielmehr habe der Zeuge genau beschrieben, wie die Einlagerung auf Anweisung des Klägers zu erfolgen gehabt und woran der Kläger selbstverständlich als Anweisender sich ebenfalls gehalten habe. Im Übrigen habe der Zeuge bekundet, dass die Einlagerung im Wesentlichen durch ihn erfolgt sei

Schließlich verstießen die Allgemeinen Bedingungen zu den ABL 2008 und die Allgemeinen Bedingungen zur Sachversicherung hinsichtlich der Einlagerung von getrocknetem Erntegut gegen die Generalklausel des § 307 Abs. 1 BGB, indem sie den Versicherungsnehmer unangemessen benachteiligen würden.

Selbst der Sachverständige H. habe in seiner Befragung eingeräumt, dass die in den Allgemeinen Bestimmungen vorgesehene Lagerung des Ernteguts nicht praktikabel sei. Darüber hinaus würde ein Versicherungsnehmer, wenn er das Erntegut so wie in den ABL vorgeschrieben, einlagern würde, in erheblicher Weise gegen die Unfallverhütungsvorschriften der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau verstoßen.

Wegen des weiteren Vortrags wird auf die Ausführungen in der Berufungsbegründungschrift Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 16.04.2019 verkündeten Urteils des Landgerichts Braunschweig ‒ Geschäfts-Nr. 7 O 249/17 (090) ‒ die Beklagte zu verurteilen,

an ihn 88.649,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.12.2014 sowie weitere 2.217,45 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Zahlung eines weiteren Betrages in Höhe von 88.649,00 € gegen die Beklagte aus § 1 Satz 1 VVG i.V.m. dem zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrag zu.

1.

Unstreitig handelt es sich bei dem hier streitgegenständlichen Brandereignis um einen Versicherungsfall, aufgrund dessen die Beklagte dem Grunde nach verpflichtet ist, aufgrund der entstandenen Schäden Leistungen aus der Gebäude- und Inhaltsversicherung zu erbringen, wobei die Gesamtschadenshöhe 443.245,00 € ebenfalls zwischen den Parteien unstreitig ist.

2.

Die Beklagte hat jedoch zu Recht ihre Leistung um 20% gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 VVG gekürzt, weil der Kläger grob fahrlässig eine vertragliche Obliegenheit verletzt hat.

a.

Vertragliche Obliegenheiten im Sinne von § 28 VVG setzen eine ausdrückliche Regelung voraus, aufgrund derer der Versicherungsnehmer klar und eindeutig erkennen kann, welches Tun oder Unterlassen von ihm im Einzelfall verlangt wird (vgl. BGH, Urteil vom 12.06.1985 ‒ IVa ZR 261/83 ‒, juris, Rn. 9; OLG Oldenburg (Oldenburg), Urteil vom 25.06.1997 ‒ 2 U 109/97 ‒, juris; Rn. 5; Marlow in: BeckOK VVG, 8. Ed. 1.8.2020, § 28 Rn. 15 f.). Ein allgemeines Gebot, sich sorgfältig zu verhalten, genügt dem Bestimmtheitsgebot nicht (OLG Oldenburg, a.a.O.; Wandt in: MünchKomm-VVG, 2. Aufl., § 28 Rn. 31).

Hier war gemäß A 20.1 lit. e) ff) der besonderen Bestimmungen zu den ABL. 2008 zwischen den Parteien u.a. vereinbart, dass getrocknetes Erntegut ordnungsgemäß eingelagert und ständig durch ein geeignetes Messgerät (z.B. Heumesssonde) auf Selbstentzündung hin überprüft werden müsse. Heustapel seien danach so anzulegen, dass jeder Punkt des Stapels mit einem Messgerät kontrolliert werden könne.

b.

Unstreitig ist jedoch zwischen den Parteien, dass der Kläger diese Obliegenheit nicht erfüllt hat, indem das eingelagerte Heu gerade nicht so gestapelt worden war, dass jeder Punkt des Stapels mit einem Messgerät kontrolliert werden konnte, vielmehr Messungen nur an den oberen Bereichen des eingelagerten Ernteguts erfolgen konnten.

c.

Dem Kläger ist auch nicht der ihm gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2, 2. Hs. VVG obliegende Nachweis, die Obliegenheitsverletzung sei nicht grob fahrlässig erfolgt, gelungen.

aa.

Unter grober Fahrlässigkeit ist ein Handeln zu verstehen, bei dem die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt wurde, wenn ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder beiseitegeschoben wurden und dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall sich jedem aufgedrängt hätte. Bei der groben Fahrlässigkeit handelt es sich um eine auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung (BGH, Beschluss vom 16. 07.2020 ‒ IX ZB 77/18 ‒, juris, Rn. 13; Beschluss vom 11.04.2013 ‒ IX ZB 170/11 ‒, juris, Rn. 22; Beschluss vom 19.03.2009 ‒ IX ZB 212/08 ‒, juris, Rn. 7; Wandt in MünchKomm-VVG, a.a.O., Rn. 231). Die Verletzung einer konkretisierten Obliegenheit ist regelmäßig objektiv grob fahrlässig, wenn der Versicherungsnehmer weiß, dass ihm ein bestimmtes Verhalten aufgegeben ist, und gemessen an den objektiven Umständen der jeweiligen Situation erwartet werden muss, dass ein Versicherungsnehmer sich obliegenheitsgemäß verhält (Wandt, in MünchKomm-VVG, a.a.O., Rn. 233).

bb.

Im vorliegenden Fall hat der Kläger entgegen der vertraglich vereinbarten Obliegenheit die Heuballen so gestapelt, dass diese gerade nicht in vollem Umfang einer ständigen Überprüfung auf Feuchtigkeit und Temperatur zugänglich waren.

Dies war auch nach den vorstehend beschriebenen Maßstäben grob fahrlässig.

Nach den insoweit unbeanstandeten Ausführungen des Sachverständigen (S. 2 des Gutachtens vom 27.02.2018; Bl. 109 d.A.) ist die häufigste biologische Brandursache die Heuselbstentzündung. Danach kann es im Erntegut unter bestimmten Bedingungen zu Selbsterwärmungsprozessen kommen. Entscheidend hierfür ist ein Feuchtigkeitsgehalt des Ernteguts von mehr als 16%, das Vorhandensein von Mikroorganismen wie Pilzen und Bakterien und eine starke Verdichtung bzw. Pressung des Heus. Unter diesen Voraussetzungen können Prozesse einsetzen, die im Ergebnis zu einer Entzündung des Heustocks führen können.

Vor diesem Hintergrund sind regelmäßige und engmaschige Temperaturmessungen im Heu auch nach der Einlagerung, wie auch der Sachverständige ausdrücklich betont, unbedingt erforderlich (vgl. S. 8 der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen vom 26.06.20218; Bl. 147 d.A.).

Werden Heuballen hingegen ‒ wie vorliegend – dergestalt gelagert, dass eine derartige engmaschige Überprüfung aller Ballen nicht möglich ist, handelt es sich angesichts der von einer Selbstentzündung ausgehenden Gefahren um eine Sorgfaltspflichtverletzung in ungewöhnlich hohem Maße, die angesichts der Erkennbarkeit des damit verbundenen Risikos ‒ auch und gerade für den Kläger ‒ in subjektiver Hinsicht unentschuldbar ist.

Der groben Fahrlässigkeit steht in diesem Zusammenhang auch nicht der Vortrag des Klägers entgegen, vor der Einlagerung der Ballen seien diese einzeln überprüft worden, ob sowohl Feuchtigkeit als auch Temperatur jeweils unterhalb des für eine Selbstentzündung kritischen Werts gelegen hätten.

Unabhängig davon, ob diese Verfahrensweise tatsächlich das Eintreten von Selbsterwärmungsprozessen nach der Einlagerung der Heuballen ausschließt, was der Sachverständige wenigstens in seinem schriftlichen Ergänzungsgutachten vom 26.06.2018 (S. 8; Bl. 147 d.A.) bezweifelt hat, hat der vom Landgericht hierzu vernommene Zeuge D. G. eine derartige Form der Einlagerung gerade nicht bestätigen können, vielmehr nur eine Aussage hinsichtlich der von ihm selbst eingelagerten Ballen zu treffen vermocht. Da die Ballen jedoch nicht allein von ihm, sondern auch vom Kläger eingelagert worden sind und weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass der Zeuge bei der Prüfung jedes Ballens zugegen war, ist insoweit bereits nicht mit hinlänglicher Sicherheit feststellbar, dass auch tatsächlich jeder einzelne Ballen in der vom Kläger dargestellten Weise geprüft worden ist. Der vom Kläger mit der Berufungsbegründung vorgebrachte Einwand, der Zeuge habe geäußert, er sei ganz sicher, dass sein Vater und er jeweils auf Trockenheit und Kühlegrad geachtet hätten, ist lediglich eine Annahme, auf die eine Feststellung im Sinne des Klägers nicht gestützt werden kann.

Der Annahme der groben Fahrlässigkeit stehen auch nicht die vom Kläger in Bezug genommenen Entscheidungen des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 25.06.1997 (2 U 109/97 ‒ juris) und 02.06.1999 (2 U 53/99 ‒ juris) entgegen, da diesen bereits ein abweichender Sachverhalt zugrunde lag. Dort war dem Versicherungsnehmer im Rahmen des Versicherungsvertrages nur aufgegeben worden, getrocknetes Erntegut ordnungsgemäß einzulagern und ständig auf Selbstentzündung zu überprüfen. Das OLG Oldenburg hatte aufgrund dessen eine vertragliche Obliegenheit ‒ wie vorliegend ‒ regelmäßige Temperaturmessungen am eingelagerten Heu vorzunehmen wegen fehlender inhaltlicher Bestimmtheit verneint. Soweit das OLG Oldenburg eine grobe Fahrlässigkeit im Übrigen verneint hatte, so beziehen sich diese Ausführungen auf § 61 VVG a.F., wonach der Versicherer bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls leistungsfrei war. Die Beweislast hierfür lag (anders als bei § 28 Abs. 2 VVG) beim Versicherer (vgl. insoweit zu § 81 VVG n.F.: Looschelders in: MünchKomm-VVG, a.a.O., § 81 Rn. 170). Den Vortrag des dortigen Klägers, er habe das Heu im trockenen Zustand geschnitten, gepresst und eingelagert, hatte die dort verklagte Versicherung aber ‒ ebenfalls anders als vorliegend ‒ nicht bestritten.

Aus der Entscheidung vom 02.06.1999 ergibt sich nichts Anderes. Dort hatte das OLG Oldenburg unter Verweis auf die vorgenannte Entscheidung lediglich ausgeführt, dass Handtemperaturmessungen an eingelagertem Heu „ohne Hinzutreten besonderer Umstände“ grundsätzlich nur als fahrlässig, nicht aber als grob fahrlässig zu bewerten seien.

Da im vorliegenden Fall jedoch den Kläger eine ausdrückliche vertragliche Obliegenheit zur regelmäßigen Überprüfung eingelagerten Ernteguts mittels eines geeigneten Messgerätes sowie zur Anlage von Heustapeln traf, sind die Ausführungen des OLG Oldenburg auf den hier zu entscheidenden Fall nicht übertragbar.

d.

Die Obliegenheitsverletzung war auch kausal für das hier streitgegenständliche Brandereignis und damit verbunden für den Eintritt des Versicherungsfalls, denn das Brandgeschehen beruht auf einer Selbstentzündung des Heustocks, die angesichts der Entstehungsvoraussetzungen eines derartigen Brandgeschehens bei einer Erfüllung der vertraglichen Obliegenheiten vermeidbar gewesen wäre.

Die insoweit getroffenen Feststellungen des Landgerichts, das Brandereignis beruhe auf einer Selbstentzündung des in der Halle gelagerten Heus, sind nicht zu beanstanden. Die hiergegen gerichteten Einwendungen des Klägers greifen nicht durch.

aa.

Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 2 ZPO ist das Berufungsgericht an die von dem erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, welche hiernach die Bindung des Berufungsgerichts an die vorinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (vgl. BGH, Urteil vom 03.06.2014 ‒ VI ZR 394/13 -, juris Rn. 10; Urteil vom 12.03.2004 ‒ V ZR 257/03 ‒, juris Rn. 8). Ein solcher Verfahrensfehler liegt namentlich vor, wenn die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil den Anforderungen nicht genügt, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 12.03.2004, a. a. O., Rn. 9). Dies ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung unvollständig oder in sich widersprüchlich ist oder, wenn sie gegen Denk- und Erfahrungssätze verstößt (vgl. BGH, Urteil vom 12.03.2004, a. a. O.). Zweifel im Sinne der Regelung in § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO liegen schon dann vor, wenn aus der für das Berufungsgericht gebotenen Sicht eine gewisse ‒ nicht notwendig überwiegende ‒ Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (vgl. BGH, Urteil vom 03.06.2014, a. a. O.).

bb.

Von diesem Maßstab ausgehend ist die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht zu beanstanden. Durchgreifende Zweifel an deren Richtigkeit hat der Kläger nicht aufzuzeigen vermocht.

Der Sachverständige hat im Rahmen seines Gutachtens umfassend die Anhaltspunkte dargelegt, die vorliegend für eine Heuselbstentzündung sprechen und insbesondere erläutert, dass gegen eine Inbrandsetzung mit offener Flamme, d.h. gegen eine vom Kläger vermutete Brandstiftung die lange Phase der Wahrnehmung von Brandgeruch und der anschließenden Absuche des Objekts über einen erheblichen Zeitraum, ohne dass an einer bestimmten Stelle offenes Feuer wahrzunehmen gewesen wäre, spreche. Es sei sehr wahrscheinlich, dass im Falle einer Brandstiftung an dem eingelagerten Heu und Stroh bereits in der Anfangsphase ein offenes Brandgeschehen erkennbar gewesen wäre.
Gegen diese grundlegende und für den Senat ohne weiteres nachvollziehbare Schlussfolgerung wendet sich auch der Kläger nicht.
Der Sachverständige hat im Verlauf seines Gutachtens sodann die Gründe erläutert, die aus seiner Sicht die Annahme einer Heuselbstentzündung begründen.
Er hat in diesem Zusammenhang im Wesentlichen ausgeführt, für eine Heuselbstentzündung spreche sowohl die thermisch bedingten Spuren bzw. Putzabplatzungen an der Innenwand als auch die örtliche Lage dieser Spuren. Die vorhandene Spurenlage wäre bei einer Zündung von außen nicht entstanden.

Mit den vom Kläger bereits erstinstanzlich vorgebrachten Einwendungen hat der Sachverständige sich sowohl im Ergänzungsgutachten vom 26.06.2018 (Bl. 140 ff. d.A.) als auch im Rahmen seiner mündlichen Anhörung am 14.03.2018 (Bl. 165 ff. d.A.) umfassend auseinandergesetzt.

Soweit der Kläger sowohl im nachgelassenen Schriftsatz vom 01.04.2019 als auch im Rahmen der Berufungsbegründung einwendet, das Gutachten sei bereits deshalb nicht nachvollziehbar, da der Sachverständige zwar die Betonabplatzungen bei der Suche nach der Brandursache berücksichtige und in diesem Zusammenhang darauf verweise, dass im Bereich der Betonabplatzungen eine extreme lokale Hitze geherrscht haben müsse, an anderer Stelle jedoch eingeräumt habe, dass die Glut aus den vom Sachverständigen angenommenen Glutkanälen mit maximal 500˚C auf die Wand auftreffe, so liegt der vom Kläger angenommene Widerspruch zwischen den jeweiligen Ausführungen des Sachverständigen ersichtlich nicht vor.

Der Sachverständige hat vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Abplatzungen für eine sehr lokale Aufheizung der Wand sprächen, wobei die Hitzequelle aus dem Heustapel heraus auf die Wand eingewirkt haben müsse (Bl. 116 f. d.A.); durch das später einwirkende Löschwasser seien dann Kälte-/ Wärmespannungen aufgetreten, die zu den Abplatzungen an den stark erhitzten Bereichen der Betonoberfläche geführt hätten (Bl. 116 f. d.A.). Das hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vom 14.03.2019 (Bl. 167 d.A.) auch nochmals so bestätigt. Insofern hat der Sachverständige konkret ausgeführt, dass ‒ entgegen den Ausführungen in der Berufungsbegründung ‒ nicht allein die von ihm angenommene Temperatur, sondern das Zusammenspiel von Hitze und kaltem Löschwasser für die Abplatzungen verantwortlich sei. Dieser Umstand begründet aber im Umkehrschluss, was auch für den Senat nachvollziehbar ist, die Annahme, dass im Bereich der Abplatzungen im Vorfeld der Löscharbeiten eine massive thermische Einwirkung auf die Wand stattgefunden haben muss.

Der Sachverständige hat sich auch bereits im Rahmen seines Ergänzungsgutachtens als auch in seiner mündlichen Anhörung zu dem Einwand des Klägers geäußert, es sei nicht erklärlich, wie der (angebliche) Glimmbrand Lücken zwischen etwaigen Heustapeln übersprungen haben soll und weshalb, so die Einwendung des klägerseits beauftragten Sachverständigen Dr. H., sich seitwärts und nicht nach oben entwickelt habe.

Der Sachverständige hat bereits in seinem schriftlichen Gutachten vom 27.02.2018 (Bl. 21 d.A.) ausgeführt, es gelte in einem kompakt liegenden gestapelten Material nicht der sonst gültige Grundsatz, dass sich Feuer primär nach oben ausbreite. Die Ausdehnung eines offenen Flammenbrandes primär nach oben hin sei durch den Auftrieb der Heißgase bedingt. Innerhalb eines Stapels an brennbarem Material sei der Brandverlauf des Glimmbrandes im Wesentlichen von der lokal unterschiedlichen Intensität der Pressung, Hohlräumen, dem lokalen Feuchtigkeitsgehalt und ‒ in erheblichem Maße ‒ vom vorhandenen Sauerstoffgehalt abhängig.

Auf Grundlage dieser nachvollziehbaren Ausführungen ist auch die Aussage des Sachverständigen in vollem Umfang verständlich, dass je größer der Zwischenraum zwischen den Ballen sei, desto größer auch die Wahrscheinlichkeit sei, dass der Brand nach oben gehe (vgl. Bl. 166 d.A.).

Der Überzeugungskraft des Gutachtens steht auch nicht der klägerseits vorgebrachte Einwand entgegen, wonach sich entgegen der Aussage des Sachverständigen, die Abplatzungen würden mit den grob darüber befindlichen Verformungen der Metallstreben der Außenwand korrespondieren, diese Verformungen tatsächlich 12 m bis 14 m weiter östlich befinden würden.

Der Sachverständige hat bereits in seinem Ergänzungsgutachten vom 26.06.2019 klargestellt, dass die Abplatzungen im Beton auf die Glutkanäle, die an diesen Stellen auf die Außenwand getroffen sind, zurückzuführen sind. Im Bereich der Verformungen an den Metallprofilen, deren Abstand zu dem Bereich mit den Abplatzungen er auf 9 m annimmt, sei, so der Sachverständige weiter, dann das erste offene Feuer aus dem Heustock ausgetreten und habe dort geraume Zeit auf die Metallteile eingewirkt. Der Sachverständige hat damit durchaus nachvollziehbar und in sich schlüssig dargestellt, weshalb zwischen den von ihm festgestellten Betonabplatzungen und dem Bereich der stärksten Verformungen an den Metallteilen ein räumlicher Abstand von mehreren Metern besteht. Er hat in diesem Zusammenhang auch betont, dass die exakte Stelle, an der sich im Heustock ein Glutkessel gebildet habe, nicht lokalisierbar sei. Der Glutkessel habe über eine gewisse Ausdehnung verfügt. Die Brandausbruchstelle befinde sich im Bereich der Entwicklung des Glutkessels im Heustock (Bl. 141 d.A.) und sei im Bereich der Verformungen der Metallteile zu lokalisieren.

Die vom Sachverständigen insoweit dargestellte Brandentwicklung steht deshalb in Widerspruch zu der Behauptung des Klägers, im Bereich der Verformungen, wo der Brandentstehungsherd gelegen habe, sei Heu bzw. Stroh aus der Ernte des Jahre 2013 gelagert gewesen, denn der Brandentstehungsort ist, wie der Sachverständige dargelegt hat, gerade nicht lokalisierbar.

Die Ausführungen des Sachverständigen zu dem von einer Anwohnerin in der Brandnacht vernommenen Geräusch („wie Flügelschlagen“) sind vom Sachverständigen ersichtlich im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung berücksichtigt worden, ohne dass der Sachverständige hierauf maßgeblich seine Befunde stützt. Vielmehr entscheidend für sein Ergebnis sind die vom ihm beschriebenen Spuren an der südlichen Außenwand, die ‒ so der Sachverständige ‒ „überzeugend belegen, dass die Brandentstehung im Lagergut erfolgt sein muss“ (Bl. 147 d.A.).

Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn das Landgericht, gestützt auf diese Beurteilung des Sachverständigen, die Feststellung einer Heuselbstentzündung getroffen hat.

cc.

Die Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 412 ZPO war vor diesem Hintergrund nicht veranlasst. Das Gutachten des Sachverständigen ist weder unvollständig noch mangelhaft. Es ist in den für die Entscheidungsfindung wesentlichen Punkten widerspruchsfrei und nachvollziehbar. Mit den klägerseits vorgebrachten Einwendungen hat der Sachverständige sich sowohl im Rahmen seines vom Landgericht beauftragten Ergänzungsgutachtens als auch innerhalb der mündlichen Verhandlung umfassend und eingehend befasst. Insoweit hat das Landgericht sich mit den klägerseits erhobenen Einwendungen gegen das Gutachten in der vom Bundesgerichtshof in der vom Kläger zitierten Entscheidung dargestellten Weise (vgl. BGH, Urteil vom 06. März 1986 ‒ III ZR 245/84 ‒, juris, Rn. 40) auseinandergesetzt und den Sachverhalt weiter aufgeklärt.

Auch die vom Kläger angenommene komplizierte Sachlage gebietet nicht die Einholung eines weiteren Gutachtens durch einen anderen Sachverständigen. Denn auch dann, wenn besonders schwierige Fragen zu beurteilen sind, muss die Einholung eines weiteren Gutachtens nicht zwingend erfolgen (Greger in: Zöller, ZPO, 33. Aufl., § 412 Rn. 2; Scheuch in: BeckOK ZPO, 37. Ed. 1.7.2020, § 412 Rn. 5).
Die bloße Wiederholung der erhobenen Einwendungen rechtfertigt – auch in der Berufungsinstanz – die Einholung eines weiteren Gutachtens nicht.

Der Feststellung einer Heuselbstentzündung steht auch nicht der Vortrag des Klägers entgegen, diese sei deshalb mit Sicherheit ausgeschlossen, da jeder Ballen vor seiner Einlagerung auf seinen Feuchtegehalt gemessen worden sei und hier lediglich ein Feuchtegehalt von 9% bis max. 14% festgestellt worden sei, denn wie oben bereits ausgeführt, ist aufgrund der Aussage des Zeugen D. G.
gerade nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellbar, dass tatsächlich jeder Ballen in der vom Kläger behaupteten Weise vor seiner Einlagerung überprüft worden ist.

e.

Die vertraglich vereinbarte Obliegenheit gemäß A 20.1 lit. e) ff) der Besonderen Bestimmungen zu den ABL 2008 hält auch einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand.

Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine Klausel ist dabei unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn der Verwender die Vertragsgestaltung einseitig für sich in Anspruch nimmt und eigene Interessen missbräuchlich auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein die Interessen seines Partners hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (BGH, Urteil vom 18. April 2019 ‒ III ZR 191/18 ‒, juris, Rn. 19; Urteil vom 04. April 2018 ‒ IV ZR 104/17 ‒, juris, Rn. 18; Urteil vom 15. März 2018 ‒ III ZR 126/17 ‒, juris, Rn. 20; Urteil vom 14. Juli 2016 ‒ III ZR 387/15 ‒, juris, Rn. 9, jew. m.w.N.).

aa.

Eine derartige unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel dann anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen werden soll, nicht zu vereinbaren ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).

Vorliegend ist bereits eine derartige Abweichung nicht erkennbar. Diese ergibt sich insbesondere nicht aus einem vom Kläger angenommenen Widerspruch mit § 6 der vom Kläger in Bezug genommenen „Unfallverhütungsvorschrift Lagerstätten“ der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau.

Dabei kann dahinstehen, ob nicht allein dispositives Recht, sondern auch zwingendes Recht (bejahend: BGH, BGHZ 152, 121 ‒ Verstoß gegen § 89b Abs. 4 Satz 1 HGB; BGHZ 95, 362 ‒ Verstoß gegen das BDSG), so beispielsweise die Unfallverhütungsvorschriften gemäß § 15 SGB VII, die autonome Rechtsnormen darstellen, die für die Versicherten verbindlich sind und diesen gegenüber normativen Charakter haben (vgl. BSG, Urt. vom 24.10.1985 ‒ 2 RU 13/85 -, NZA 1986, 204, 205 m.w.N.; Marschner in: BeckOK SozR, 57. Ed. 1.6.2020, SGB VII § 15 Rn. 1), als Prüfungsmaßstab im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB in Betracht kommt. Denn durch die in A 20.1 lit. e) ff) der besonderen Bestimmungen zu den ABL 2008 beschriebene Obliegenheit des Versicherungsnehmers soll gerade nicht von dem sich aus § 6 der „Unfallverhütungsvorschrift Lagerstätten“ ergebenden Grundgedanken abgewichen werden. Beide Regelungen dienen, wenn auch mit unterschiedlicher Zielrichtung, dem Schutz vor Gefahren im Zusammenhang mit der Einlagerung von Erntegut. Eine Modifikation der Unfallverhütungsvorschrift soll, wie sich ausdrücklich aus B 8.1 der Allgemeinen Bestimmungen zur Sachversicherung ergibt, durch die versicherungsvertraglich vereinbarten Obliegenheiten gerade nicht erfolgen. Vielmehr stehen beide Regelungen grundsätzlich selbständig nebeneinander.

bb.

Die Klausel hält ferner einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB stand. Hiernach sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zweifel als unangemessene Benachteiligung anzusehen, wenn sie wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränken, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB erfasst nicht jede Begrenzung von Rechten und Pflichten. Unzulässig ist die Begrenzung erst dann, wenn sie den Vertrag seinem Gegenstand nach aushöhlt und in Bezug auf das zu versichernde Risiko zwecklos macht (Beschluss vom 15. Februar 2017 ‒ IV ZR 202/16 ‒, juris, Rn. 13; Urteil vom 12. März 2014 ‒ IV ZR 255/13 ‒, juris, Rn. 23; Urteil vom 25. Juli 2012 ‒ IV ZR 201/10 ‒, BGHZ 194, 208-238, Rn. 18).

Hiervon kann vorliegend aber keine Rede sein. Die dem Versicherungsnehmer auferlegte Obliegenheit schränkt dessen Rechte innerhalb des Vertragsverhältnisses nicht über Gebühr ein. Sie dient im Ergebnis vielmehr dem legitimen Interesse beider Vertragsparteien, den Eintritt eines Versicherungsfalls zu vermeiden, ohne dass dadurch der Versicherungsvertrag zur leeren Hülle würde, da die Pflicht des Versicherers, im Versicherungsfall die vereinbarten Leistungen zu erbringen, dadurch nicht berührt wird.

cc.

Die Klausel verstößt auch nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Das Transparenzgebot verlangt vom Verwender Allgemeiner Versicherungsbedingungen, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Eine Klausel muss nicht nur in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Vertragspartner verständlich sein, sondern darüber hinaus die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Das Transparenzgebot verlangt ferner, dass Allgemeine Versicherungsbedingungen dem Versicherungsnehmer bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vor Augen führen, in welchem Umfang er Versicherungsschutz erlangt und welche Umstände seinen Versicherungsschutz gefährden. Nur dann kann er die Entscheidung treffen, ob er den angebotenen Versicherungsschutz nimmt oder nicht (BGH, Urteil vom 06. Juli 2016 ‒ IV ZR 44/15 ‒, BGHZ 211, 51-66, Rn. 30 m.w.N.). Allgemeine Versicherungsbedingungen sind hierbei so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (BGH, Beschluss vom 15. Februar 2017 ‒ IV ZR 202/16 ‒, juris, Rn. 10; Urteil vom 06. Juli 2016 ‒ IV ZR 44/15 ‒, BGHZ 211, 51-66, Rn. 17 m.w.N.).

Auf dieser Grundlage liegt hier ein Verstoß gegen das Transparenzgebot nicht vor.

Die dem Versicherungsnehmer auferlegte Obliegenheit ist hinreichend klar und bestimmt bezeichnet. Die Aufgaben, die er wahrzunehmen hat, um der Gefahr einer Heuselbstentzündung entgegenzuwirken, sind verständlich und klar bezeichnet, wobei dem Versicherungsnehmer auch unmittelbar im Anschluss an die vertraglich vereinbarten Obliegenheiten unter A.20.2 der Besonderen Bestimmungen zu den ABL 2008 verdeutlicht wird, dass eine Verletzung der Obliegenheiten u.a. dazu führen kann, dass der Versicherer ganz oder teilweise leistungsfrei wird. Für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer ist damit deutlich erkennbar, welches Verhalten von ihm verlangt wird und welche etwaigen Folgen ein Verstoß gegen diese Verhaltensregeln mit sich bringen kann.

dd.

Die beanstandete Klausel hält auch einer Inhaltskontrolle aufgrund der Generalklausel des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand.

Danach ist eine formularmäßige Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Letzteres ist der Fall, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2020 ‒ VII ZR 159/19 ‒, juris, Rn. 23; Urteil vom 30. März 2017 ‒ VII ZR 170/16 ‒, juris, Rn. 17 m.w.N.). Dabei kann sich die unangemessene Benachteiligung nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch aus einer Gesamtwirkung mehrerer, jeweils für sich genommen nicht zu beanstandender Vertragsbestimmungen ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 2016 ‒ VII ZR 29/13 ‒, juris, Rn. 15 m.w.N.).

Eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers liegt nicht vor.

Diese ergibt sich vorliegend nicht daraus, dass dem Versicherungsnehmer ein bestimmtes Verfahren zur Kontrolle des von ihm eingelagerten Ernteguts vorgeschrieben wird.

Bei der Prüfung einer etwaigen Unangemessenheit einer Klausel darf nicht auf den Einzelfall abgestellt werden. Vielmehr orientiert sich die Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen an einer abstrakt-generellen und typisierenden Betrachtung (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 2013 – I ZR 77/12; BGH, Urteil vom 31. Mai 2012 – I ZR 73/10; OLG Celle, Urteil vom 28. November 2019 ‒ 8 U 55/19 ‒, juris, Rn. 87; Kähler in: BeckOGK BGB, Stand: 15.07.2019, § 307, Rn. 147).

Der Sachverständige hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 26.06.2018 darauf hingewiesen, dass Selbsterwärmungsprozesse auch nach Durchführung der vom Kläger beschriebenen Einlagerungsmaßnahmen zwar unwahrscheinlich, aber nicht gänzlich auszuschließen seien. Darüber hinaus seien auch Vorgänge der Selbsterhitzung beispielsweise durch Eintritt von Regenwasser möglich. Vor diesem Hintergrund sind, wie der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 26.06.2018 ausgeführt hat, auch nach Einlagerung regelmäßige und engmaschige Temperaturmessungen im Heu unbedingt erforderlich.

Insoweit stellt die hier streitgegenständliche Klausel vor allen anderen möglichen Maßnahmen am ehesten sicher, dass die Gefahr einer Selbstentzündung eingelagerten Ernteguts so weit wie möglich minimiert wird. Dass dieses auch im Interesse des Versicherungsnehmers liegt, liegt auf der Hand, so dass insoweit bereits nicht erkennbar ist, dass der Versicherer durch die Verwendung dieser Klausel sein Interesse einseitig auf Kosten des Versicherungsnehmers durchzusetzen versucht.

Der Umstand, dass die vom Versicherer geforderte Anlegung von Heustapeln dergestalt, dass jeder Punkt des Stapels mit einem Messgerät überprüft werden kann, dazu führen mag, dass der Versicherungsnehmer womöglich den ihm zur Verfügung stehenden Platz innerhalb einer Halle nicht wirtschaftlich bestmöglich ausnutzen kann und ihn im Übrigen besondere Erschwernisse bei der Einlagerung treffen, begründet angesichts der von einer Heuselbstentzündung ausgehenden Gefahren keine unangemessene Benachteiligung.

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang in der Berufungsinstanz erstmals behauptet, eine Einlagerung, die sowohl den Vorgaben der Unfallverhütungsvorschrift als auch der vertraglich vereinbarten Obliegenheit entspricht, sei tatsächlich nicht möglich, so kann er mit diesem Vortrag nicht gehört werden. Insoweit handelt es sich um neues tatsächliches Vorbringen, das zwischen den Parteien streitig ist, und dessen Berücksichtigungsfähigkeit nach § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO zu beurteilen ist. Nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO ist neues Vorbringen nur zuzulassen, wenn es im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden ist, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht. Der Kläger hat vorliegend bereits nicht dargelegt, aus welchen Gründen der Vortrag erst in der Berufungsinstanz erfolgen konnte.

Soweit der Kläger darauf verweist, er habe bereits mit Schriftsatz vom 01.04.2019 vorgetragen, dass eine Einlagerung dergestalt, dass von jeder Seite jeder Ballen mit einer Messsonde auch nach Einlagerung hätte überprüft werden können, unmöglich sei, wird eine solche Form der Einlagerung nach den vertraglich vereinbarten Obliegenheiten nicht verlangt. Nach A 20.1 lit. e) ff) der Besonderen Bestimmungen zu den ABL 2008, sind Heustapel so anzulegen, dass jeder Punkt des Stapels mit einem Messgerät kontrolliert werden kann. Eine Verpflichtung, jeden Ballen „von jeder Seite“ kontrollieren zu können, enthält die Obliegenheit jedoch nicht. Demgegenüber behauptet der Kläger nunmehr erstmals in der Berufungsinstanz, dass eine Einlagerung gemäß der vertraglichen Obliegenheit nicht im Einklang mit der einschlägigen Unfallverhütungsvorschrift möglich sei.

Aufgrund der vorstehenden Ausführungen kann der Kläger keine Verzugszinsen auf die von ihm geltend gemachte Hauptforderung und keinen Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten beanspruchen.

3.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Auch erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats als Berufungsgericht (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO). Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO).

III.

Dem Kläger wird Gelegenheit gegeben, binnen 3 Wochen Stellung zu nehmen oder die Berufung zurückzunehmen.