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Die gefrorene Baustelle

Landgericht Bonn
Urteil vom 18.05.2010
Az.: 10 O 372/09
Versicherungssparte: Bauleistungsversicherung, Wohngebäudeversicherung
Kürzung: 50%

Stichwörter: Winterbauschaden, Leitungswasser, Rohrbruch, Frost

Urteil

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Deckung der noch nicht regulierten 2. Hälfte eines Winterbauschadens aus einer bei der Beklagten abgeschlossenen Bauleistungsversicherung (Bl.167, 163 f GA), wie auch aus einer bei dieser abgeschlossenen Wohngebäudeversicherung (Bl.159 ff GA) in Anspruch. In beiden Verträgen war jeweils ein Selbstbehalt von 150,- € vereinbart.

Der Bauleistungsversicherung liegen die allgemeinen Bedingungen der Beklagten für die Bauwesenversicherung von Gebäudeneubauten durch Auftraggeber (ABN), Fassung 2008, zu Grunde, die teilweise auf “Hinweise für das Bauen im Winter” Bezug nehmen (Bl. 59 ff, 87 ff GA). In Teil 2 der ABN heißt es:

” § 2 versicherte Gefahren

  1. Entschädigung wird geleistet für unvorhergesehen eintretende Schäden (Beschädigungen oder Zerstörungen) an versicherten Bauleistungen …

Unvorhergesehen sind Schäden, die weder der Auftraggeber, noch der beauftragte Unternehmer oder deren Repräsentanten rechtzeitig vorhergesehen haben oder mit dem jeweils erforderlichen Fachwissen hätten vorhersehen können…

  1. Soweit der betroffene Unternehmer gegen anerkannte Regeln der Technik verstoßen oder notwendige und zumutbare Schutzmaßnahmen nicht getroffen hat, wird Entschädigung ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen nicht geleistet für Schäden durch
  2. a) Frost, insbesondere wenn die “Hinweise für das Bauen im Winter” … nicht beachtet worden sind …
  3. Entschädigung wird ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen ferner nicht geleistet für Schäden durch
  4. a) normale Witterungseinflüsse, mit denen wegen der Jahreszeit und der örtlichen Verhältnisse gerechnet werden muss …

  1. Wird nach dem Leistungsverzeichnis abgerechnet, so werden 90 % der Preise ersetzt, die in dem Bauvertrag vereinbart oder auf gleicher Grundlage ermittelt worden sind …
  2. Unabhängig von den Preisen des Bauvertrages kann über die Wiederherstellungskosten nur mit Zustimmung des Versicherers abgerechnet werden, die jedoch erteilt werden muss, wenn der versicherte Unternehmer sie aus wichtigen Gründen verlangt…”

Unstreitig kam es im Januar 20## zu einem Rohrbruch durch Frost sowie zu einem dadurch hervorgerufenen bestimmungswidrigen Austritt von Leitungswasser in dem Gebäude L-Straße in D, in welchem die Klägerin eine Baumaßnahme ausführte. In dem während des Umbaus nicht bewohnten und nicht beheizten Gebäude war u.a. eine senkrecht verlaufende Wasserleitung eingefroren und geplatzt. Durch die ausgelaufenen Wassermengen wurden die Lehmfüllungen der Balkendecke ausgespült und die Rigipswände beschädigt.

Vor der Weihnachtsbaupause #####/#### schloss die Klägerin am Freitag, den ##.##.20##, die Baustelle. Nach ihrer Behauptung wurden alle Fenster und Türen des Objektes abgeschlossen. In der Folgezeit kam es noch zu Nacharbeiten des Estrichlegers, der Fa. E, aus D, der mit seinen Arbeiten noch nicht fertig geworden war. Hierfür wurden die Rohrleitungen – sofern, was streitig ist, diese zuvor entleert worden waren – jedenfalls noch einmal unter Druck gesetzt. Die Nacharbeiten, für die auch Wasser benötigt wurde, dauerten zumindest bis Montag, den ##.##.20##, an.

Nach Wiederaufnahme der Arbeiten im Januar 20## war zunächst, obgleich noch starker Frost herrschte, kein Frostschaden erkennbar. Für den Fortgang der Arbeiten des Trockenbauers benötigtes Wasser wurde – nach der Behauptung der Klägerin aus mitgebrachten Sprudelflaschen entnommen und/oder mit Flaschen/Eimern von Nachbarn geholt. Nachdem die Umgebungstemperaturen stark angestiegen waren, entwickelte sich das Schadensbild (Frostschaden im Rohrleistungssystem).

Am Dienstag, den ##.##.20##, führte der durch die Beklagte beauftragte Sachverständige F einen Ortstermin durch. Ihm wurden diverse Rechnungen seitens der Klägerin überreicht. Nach deren Prüfung regulierte die Beklagte unter Berufung auf Verletzung von Sicherheitsvorschriften vor Eintritt des Versicherungsfalles 50 % des jedenfalls im Rahmen der Wohngebäudeversicherung der Höhe nach unstreitigen Schadens mit einem Betrag von 29.358,55 €. Eine Aufforderung des Klägervertreters vom 04.06.2009 zur Regulierung des Restbetrages, der nunmehr Gegenstand der Klage ist, bis zum 20.06.2009, blieb ohne Erfolg. Unter dem 21.09.2009 stellte der Klägervertreter der Klägerin Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.196,43 € in Rechnung (Bl.119 GA). Mit Schreiben vom 22.09.2009 (Bl.84 GA) lehnte die Beklagte eine Regulierung der zweiten Schadenshälfte auch über die Bauleistungsversicherung ab.

Die Klägerin sieht die Beklagte aus beiden Versicherungsverhältnissen als eintrittspflichtig in voller Höhe an. Sie meint, die Beklagte könne sich weder mit Erfolg auf vertragliche Ausschlüsse berufen, noch fielen ihr, der Klägerin, zur Leistungsfreiheit der Beklagten führende grob fahrlässige Obliegenheitsverletzungen, geschweige denn vorsätzliche Obliegenheitsverletzungen, zur Last. Dementsprechend habe sie auch den Versicherungsfall nicht grob fahrlässig herbeigeführt. Hierzu behauptet sie insbesondere, im Zuge der Einstellung der Bauarbeiten durch die Klägerin am ##.##.20## seien alle Frischwasserleitungen entleert worden. Nachdem die Leitungen durch den Estrichleger wieder unter Druck gesetzt worden seien, seien sie am ##.##.20## erneut entleert worden. Das Haus sei komplett abgesperrt worden. Nach Wiederaufnahme der Bauarbeiten im Januar 20## sei benötigtes Wasser aus Sprudelflaschen entnommen worden und auch mit Flaschen/Eimern von Nachbarn geholt worden. Zur Schadensursache stellt die Klägerin ein nichterkanntes Problem in der Wasserleitungskonstruktion (sogenannte Wassersäcke), Undichtigkeiten, Brüchigkeiten oder auch Fehlverhalten Dritter in den Raum.

Zur Höhe der Regulierungsverpflichtung der Beklagten im Rahmen der Bauleistungsversicherung beruft sich die Klägerin auf ein Anerkenntnis durch den Sachverständigen F aufgrund der ihm vorgelegten Unterlagen. Nach einer entsprechenden Einigung der Parteien auf die Schadensberechnung sei die Berufung auf Vorlage eines Leistungsverzeichnisses auch treuwidrig.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie

  1. 29.358,55 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.05.2009 sowie
  2. 1.196,42 € vorgerichtliche Anwaltskosten nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.05.2009 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte sieht sich aus der Bauleistungsversicherung überhaupt nicht und aus der Wohngebäudeversicherung jedenfalls nicht zur Regulierung der streitgegenständlichen zweiten Hälfte des Schadens verpflichtet. Die Beklagte bestreitet insbesondere eine Entleerung der Leitungen zu irgendeinem Zeitpunkt vor Weihnachten 20##; jedenfalls seien diese nicht entleert gehalten worden, da anders der Schaden überhaupt nicht erklärbar sei. Der Klägerin sei insoweit jedenfalls eine grob fahrlässige Verletzung ihrer Kontrollobliegenheiten vorzuwerfen. Angesichts dessen fehle es im Rahmen der Bauleistungsversicherung gänzlich an einer Einstandsverpflichtung der Beklagten. Der aufgetretene Schaden sei bereits nicht unvorhergesehen im Sinne von Teil 2 § 2 Ziffer 1 ABN. Dementsprechend greife auch der Leistungsausschluss nach Teil 2 § 2 Ziffer 5 a ABN, wonach keine Eintrittspflicht für Schäden durch normale Witterungseinflüsse, mit denen wegen der Jahreszeit und der örtlichen Verhältnisse gerechnet werden muss, besteht. Schließlich habe die Klägerin notwendige und zumutbare Schutzmaßnahmen im Sinne des Teils 2 § 2 Ziffer 4 a ABN nicht getroffen, insbesondere auch die “Hinweise für das Bauen im Winter” nicht beachtet, indem Wasserleitungen nicht hinreichend geschützt worden seien. Schließlich sei zur Höhe im Rahmen der Bauleistungsversicherung im Hinblick auf § 6, 7 des Teils 2 der ABN nicht hinreichend substantiiert vorgetragen worden.

Was die Wohngebäudeversicherung angehe, sei der Klägerin ein zumindest grob fahrlässiger Verstoß sowohl gegen Abs. 3 wie auch Abs. 4 von § 22 Ziffer 1 a VGB vorzuwerfen.

Dementsprechend liege auch eine nicht angezeigte Gefahrerhöhung vor sowie eine zumindest grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls durch die Klägerin nach § 81 VVG.

Angesichts dessen sei jedenfalls eine Leistungskürzung um 50 % gerechtfertigt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Sitzungsprotokolle ergänzend Bezug genommen.

Die Kammer hat durch Vernehmung von Zeugen sowie Einholung eines mündlichen Sachverständigengutachtens Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 13.04.2010 (Bl.168 ff GA) verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Leistung einer Entschädigung für den streitgegenständlichen frostbedingten Leitungswasserschaden über die bereits regulierten 50 % hinaus, dies insbesondere weder aufgrund der abgeschlossenen Wohngebäudeversicherung, noch der Bauleistungsversicherung.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme besteht kein Anspruch auf Regulierung der zweiten Schadenshälfte aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Wohngebäudeversicherungsvertrag i.V.m. §§ 1, 3, 6, 8, 13 VGB 2008. Der der Klägerin insoweit zustehende Anspruch ist durch den Ausgleich des hälftigen Schadens durch die Beklagte erfüllt. Gemäß § 22 Ziff.1a Nr.3, Ziff.3 VGB 2008 i.V.m. § 28 Abs.2 S.2 VVG n.F. ist die Beklagte berechtigt, ihre an die Klägerin zu erbringende Leistung auf die Hälfte zu kürzen.

Nach § 22 Ziff.1a Nr.3 VGB 2008 hat der Versicherungsnehmer nicht genutzte Gebäude oder Gebäudeteile zu jeder Jahreszeit genügend häufig zu kontrollieren und dort alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten, wobei die Kontrolle genügend ist, wenn sie mindestens alle zwei Tage erfolgt.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Kammer davon überzeugt, dass jedenfalls letzteres nicht geschehen ist.

Unstreitig ist es im Januar 20## in dem Versicherungsobjekt nach Wiederaufnahme der Arbeiten durch die Klägerin zu einem erheblichen Wasserschaden gekommen. Dieser beruhte darauf, dass Wasserleitungen frostbedingt an mehreren Stellen geplatzt waren. Zum Zeitpunkt der Feststellung des Schadens waren nach übereinstimmenden Aussagen der Zeugen C, G und I bereits erhebliche Wassermengen ausgetreten. Der Zeuge C hat bekundet, das Wasser sei die Wände herunter gelaufen und habe auch gestanden. Es sei alles nass gewesen. In der Erdgeschosswohnung habe überall Wasser gestanden, welches man mit Abziehern abgezogen habe. Nach seiner Erinnerung war auch schon Wasser bis zum Keller durchgetropft und auch “runter” fast alles nass. Dem entspricht die Aussage des Zeugen G, wonach sich das Wasser durch das Treppenhaus bereits verteilt hatte. Der Zeuge I hat dies so umschrieben, dass der Zeuge G ihn morgens angerufen und sinngemäß gesagt habe, “dass er in so einer Art Tropfsteinhöhle stehe”. Ihm, I, habe man gesagt, dass in dem Keller wohl ein paar tausend Liter Wasser gewesen sein müssten.

Das Gebäude war aufgrund der laufenden Umbaumaßnahmen nicht genutzt im Sinne von § 22 Ziff.1a Nr.3 VGB 2008. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist es ausgeschlossen, dass die Wasserleitungen des Hauses vor dem Schadenseintritt nicht länger als zwei Tage entleert und entleert gehalten worden waren. Der Sachverständige O hat, was unmittelbar einleuchtet, ausgeführt, es sei nicht denkbar, dass eine Wasserleitung, auch wenn es eine alte Leitung ist, platzt, ohne dass Wasser, in diesem Fall gefrierendes Wasser, darin war. Anhand der im Termin eingesehenen Fotos von den Schadensstellen und den darin dokumentierten Leitungsverläufen vermochte der Sachverständige auch keine Wassersäcke festzustellen. Der Zeuge G hat die Rohrbruchstelle auf der zweiten Etage so umschrieben, dass eine Rohrleitung an zwei Stellen richtig aufgebläht und dann geplatzt war. In Übereinstimmung hiermit hat der Zeuge I bekundet, dort sei das Rohr richtig aufgeplatzt gewesen, es sei “so eine richtig dicke Knolle” gewesen. Angesichts dessen kommt als Schadensursache einzig und allein gefrierendes Wasser in den fraglichen Wasserleitungen in Betracht. Die von der Klägerin in den Raum gestellten weiteren Ursachen wie “Wassersäcke”, Undichtigkeiten, Brüchigkeiten oder auch Fehlverhalten Dritter scheiden aus.

Die Klägerin räumt ein, dass die Wasserleitungen nach deren – streitiger – Entleerung am ##.##.20## durch den Estrichleger im Folgenden wieder mit Wasser befüllt worden sind. Zu dem Schaden in der aufgetretenen Form konnte es nur kommen, wenn entweder die Aussage des Zeugen G, die Leitungen am Montag, dem ##.##.20## erneut entleert zu haben, falsch ist, oder diese in der Folgezeit wiederum unter Druck gesetzt worden sind, so dass darin Wasser zunächst gefrieren, die Leitungen an den Schadensstellen zum Platzen bringen und bis zur Entdeckung des Schadens wieder auftauen konnte. Es ist bereits denkbar, dass ein Wiederbefüllen der Leitungen bereits während der Arbeitspause hätte erfolgen können, dies unabhängig davon, ob diese Pause bis zum ##. oder bis zum ##.##.20## andauerte. Zwar hat der Zeuge G bei Wiederaufnahme der Arbeiten im Januar 20## nach seiner Erinnerung keine Veränderungen gegenüber dem Montag vor Weihnachten festgestellt und gemeint, zwischenzeitliche Arbeiten anderer Firmen wären ihm auch aufgefallen. Andererseits hat er auf die Frage nach einer Erklärung für den Wasserschaden darauf hingewiesen, dass ja “sehr viele Schlüssel unterwegs” gewesen seien. Auch der Zeuge I glaubt zwar, dass in der Arbeitspause niemand auf der Baustelle gearbeitet habe, leitet dies jedoch vor allem daraus ab, allen Firmen sei gesagt worden, dass die Baustelle in dieser Zeit zugemacht werden sollte und hat im Übrigen bestätigt, dass seiner Meinung nach alle Firmen Schlüssel hatten. Danach ist jedenfalls die Möglichkeit nicht völlig auszuschließen, dass schon in der Arbeitspause durch Mitarbeiter einer der beteiligten Firmen das Wasser wieder aufgedreht worden ist, dies zumindest zeitweise und solange, dass es an besagten Stellen einfrieren konnte. Dem steht auch nicht der Umstand entgegen, dass nach den Aussagen der Zeugen C, G und I im Januar 20## nach Wiederaufnahme der Arbeiten zeitweise Wasser aus Sprudelflaschen und/oder auch solches, welches man von Nachbarn mit Eimern oder Flaschen geholt hatte, verwendet worden ist. Dies konnte seinen Grund auch darin haben, dass die betreffenden Arbeiter aufgrund der Anweisung des Zeugen G, das Wasser zunächst nicht wieder aufzudrehen, möglicherweise fälschlich davon ausgegangen waren, dass Leitungswasser nicht zur Verfügung steht oder auch darin, dass die Leitungen bereits wieder eingefroren waren. Denkbar ist desweiteren, dass Mitarbeiter beteiligter Firmen nach Wiederaufnahme der Arbeiten im Januar 20##, mag diese am ##. oder am ##. Januar gewesen sein, entweder die von dem Zeugen G bekundete Anweisung, dass Wasser wegen der herrschenden Kälte zunächst nicht wieder aufzudrehen, nicht mitbekommen haben oder aber sich schlicht und einfach nicht daran gehalten haben.

Danach hat die Beklagte zwar nicht eine objektive Obliegenheitsverletzung der Klägerin dahingehend bewiesen, dass eigene Mitarbeiter der Klägerin die Wasserleitungen entgegen § 22 Ziff.1a Nr.3 VGB 2008 erst gar nicht entleert oder sogar selbst wieder befüllt haben. Es muss, wie ausgeführt, aber davon ausgegangen werden, dass der Schaden nur entstehen konnte, weil die Leitungen Wasser geführt haben. Der Klägerin ist deshalb vorzuwerfen, die Leitungen nicht entleert gehalten zu haben. Sie wäre verpflichtet gewesen, dies sicherzustellen, gerade auch im Hinblick auf die Tätigkeit anderer Firmen auf der Baustelle. Der Schadenseintritt zeigt, dass die Klägerin diese Obliegenheit verletzt hat.

Bei zusammenfassender Würdigung der Umstände des Falles ist die Kammer auch der Überzeugung, dass die Leitungen länger als zwei Tage vor Entdeckung des Schadens mit Wasser befüllt waren, die Klägerin also die in § 22 Ziff.1a Nr.3 VGB 2008 statuierte Kontrolldichte nicht eingehalten hat. Zwar hat der Sachverständige O insoweit ausdrücklich nur zurückhaltend dahin formuliert, dass sich ein Schaden der geschilderten Art nicht binnen Stunden entwickle. Die Kammer ist darüber hinaus aufgrund einer Reihe von Indizien aber davon überzeugt, dass er sich auch nicht binnen zwei Tagen entwickelt hat. Hier ist zum einen auch der von dem Sachverständigen genannte Umstand zu nennen, dass sämtliche Schadenstellen an Innenwänden bzw. – decken aufgetreten sind. Insbesondere ist aber der Ablauf zu bedenken. Das Wasser muss in der Leitung stehen, einfrieren, die Leitung zum Platzen bringen und wieder auftauen, wobei zunächst einmal, und das erscheint entscheidend, nichts passiert, solange starker Frost herrscht. Alle Zeugen haben genau dies jedoch für Dezember 20##, insbesondere jedoch auch durchgehend für Januar 20## bekundet. Der Zeuge C hat ausgesagt, sowohl im Dezember, wie auch insbesondere im Januar und Februar sei es wirklich sehr kalt gewesen. Der Zeuge G hat angegeben, am Tag der Arbeitsaufnahme, nach seiner Erinnerung dem ##.##.20##, angeordnet zu haben, das Wasser solle zu bleiben, weil es minus 20 Grad waren. Es sei nicht nur draußen so kalt gewesen, sondern auch im Gebäude. Man habe mächtig gefroren. Im Dezember habe man schon Minusgrade gehabt, schon da sei es im Haus bitterkalt gewesen. Im Januar sei es dann richtig kalt geworden. Dem entspricht die Aussage des Zeugen I, wonach es sowohl im Dezember wie auch Anfang Januar ungewöhnlich kalt gewesen sei, und zwar auch in dem Objekt; es sei “wie im Kühlschrank” gewesen. Dem ist die bereits geschilderte, bei Schadensfeststellung bereits ausgetretene erhebliche Wassermenge gegenüber zu halten, wobei teilweise von einigen tausend Litern die Rede war. Hier ist zu bedenken, dass bis zum Eintreten einer solchen Erscheinung der Frost zunächst abklingen muss, die Leitungen auftauen müssen und das Wasser in diesen Mengen austreten muss. Die Kammer schließt aus, dass dies alles in einem Zeitraum von nicht mehr als zwei Tagen geschehen sein kann.

Den Gegenbeweis, dass die Verletzung ihrer Kontrollpflicht weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles, noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich gewesen ist, hat die Klägerin nicht zu führen vermocht.

Entsprechendes gilt für den Beweis gemäß § 28 Abs.2 S.2 2.Halbs. VVG n.F., die ihr obliegende Kontrollpflicht nicht grobfahrlässig verletzt zu haben.

Angesichts der Gesamtumstände erachtet die Kammer eine Leistungskürzung der Beklagten um 50 % für angemessen. Hier ist einerseits zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen, dass diese nicht nachweislich durch eigene Mitarbeiter die Leitungen entweder nicht entleert oder sogar wieder befüllt hat, sondern “nur” nicht hinreichend kontrolliert hat, dass dies auch nicht durch Mitarbeiter anderer Firmen geschieht. Andererseits ist zu Lasten der Klägerin in die Abwägung einzustellen, dass nach allen Zeugenaussagen über einen längeren Zeitraum hinweg durchgehend ungewöhnlich starke Minustemperaturen geherrscht haben und die Mitarbeiter der Klägerin sich der daraus resultierenden Gefahr, die sich dann ja auch verwirklicht hat, bewusst waren. Dies zeigt sich daran, dass die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag ja bemüht war, dafür Sorge zu tragen, dass die Leitungen entleert und entleert gehalten wurden, teilweise durch seitens der Zeugen bekundeter eigener Entleerungsmaßnahmen vor Weihnachten, teilweise durch entsprechende Anweisungen an eigene und fremde Mitarbeiter im Januar 20##.

Der geltend gemachte Anspruch steht der Klägerin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch nicht nach Teil 2 der ABN 2008 (Bauwesenversicherung) zu. Es kann dahingestellt bleiben, ob der aufgetretene Schaden entsprechend der Auffassung der Beklagten bereits nicht unvorhergesehen im Sinne von Teil 2 § 2 Ziff.1 ABN ist oder es sich um einen Schaden durch normale Witterungseinflüsse nach Teil 2 § 2 Ziff.5a ABN handelt. Jedenfalls aber hat die Klägerin notwendige und zumutbare Schutzmaßnahmen im Sinne des Teil 2 § 2 Ziff.4a ABN unterlassen, insbesondere die “Hinweise für das Bauen im Winter” nicht beachtet, indem sie die Wasserleitungen nicht im Sinne dieser Vorschrift hinreichend geschützt hat. Auf die obigen Ausführungen kann hierzu verwiesen werden.

Ein Anerkenntnis ihrer Leistungspflicht durch die Beklagte über den regulierten Teil hinaus findet im Vortrag der Klägerin keine hinreichende tatsächliche Stütze.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs.1; 709, 108 ZPO.

Streitwert: 29.358,55 Euro.

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