Landgericht Saarbrücken
Urteil vom 06.09.2018
Az.: 14 O 162/17
Versicherungssparte: Kfz-Kaskoversicherung
Kürzung: 100%
Stichwörter: Kfz, Alkohol, Aufwendung, Ausweichmanöver
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche aus einem Kaskoversicherungsvertrag wegen Beschädigung eines Fahrzeuges.
Der Kläger schloss bei der Beklagten einen Kfz-Kaskoversicherungsvertrag über sein Fahrzeug, VW Touareg 3.0 TDI, amtliches Kennzeichen pp., ab.
In den entsprechenden Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB) heißt es auszugsweise:
A.2.3 Welche Ereignisse sind in der Vollkasko versichert?
Versicherungsschutz besteht bei Beschädigung, Zerstörung, Verlust oder Totalschaden des Fahrzeugs einschließlich seiner mitversicherten Teile durch die nachfolgenden Ereignisse:
Unfall
A.2.3.2
Versichert sind Unfälle des Fahrzeuges. Als Unfall gilt ein unmittelbar von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkendes Ereignis.
Nicht als Unfallschäden gelten insbesondere [pp.]
A.2.6 Was zahlen wir bei Totalschaden, Zerstörung oder Verlust?
Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert
A.2.6.1
Bei Totalschaden, Zerstörung oder Verlust des Fahrzeugs zahlen wir den Wiederbeschaffungswert unter Abzug eines vorhandenen Restwertes des Fahrzeugs. [pp.]
A.2.16 Versicherungsschutz bei grober Fahrlässigkeit
Wir leisten auch bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles. Allerdings sind wir berechtigt, unsere Leistung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen,
a wenn der Fahrer infolge Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage war, das Fahrzeug sicher zu führen [pp.]
D Welche Pflichten haben Sie beim Gebrauch des Fahrzeugs?
D.2 Zusätzlich in der Kfz-Haftpflichtversicherung
Alkohol und andere berauschende Mittel
D.2.1
Das Fahrzeug darf nicht gefahren werden, wenn der Fahrer durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen. [pp.]
Hinweis: Auch in der Kasko-, Kfz-Unfall- und Fahrer-Unfallversicherung besteht für solche Fahrten nach A.2.15 bzw. A.2.18.1, A.3.11.2 und A.4.6.2 kein oder eingeschränkter Versicherungsschutz
D.3 Welche Folgen hat eine Verletzung dieser Pflichten?
Leistungsfreiheit bzw. Leistungskürzung
D.3.1
Verletzen Sie vorsätzlich eine Ihrer in D.1 und D.2 geregelten Pflichten, haben Sie keinen Versicherungsschutz. Verletzen Sie Ihre Pflichten grob fahrlässig, sind wir berechtigt, unsere Leistung in einem der Schwere Ihres Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Weisen Sie nach, dass Sie die Pflicht nicht grob fahrlässig verletzt haben, bleibt der Versicherungsschutz bestehen.
[pp.]
D.3.2
Abweichend von D.3.1 sind wir zur Leistung verpflichtet, soweit die Pflichtverletzung weder für den Eintritt des Versicherungsfalls noch für den Umfang unserer Leistungspflicht ursächlich ist. Dies gilt nicht, wenn Sie die Pflicht arglistig verletzen.
[pp.]
Am 11.08.2016 befuhr der Kläger gegen 19:45 Uhr den Verbindungsweg zwischen der pp. und dem „pp.“ in pp. (pp., Kreis pp.).
Der Kläger verlor im Laufe der Fahrt die Kontrolle über sein Fahrzeug und kollidierte mit einem Baum.
Eine Blutentnahme beim Kläger im Zuge des staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens (67 Js 2882/16) ergab um 21:45 einen BAK-Wert i.H.v. 1,57 Promille.
Am Folgetag meldete der Kläger der Beklagten das Unfallereignis, woraufhin diese sodann die pp.. GmbH pp. mit der Begutachtung des Autos und Feststellung der Schadenshöhe beauftragte.
Diese ermittelte Reparaturkosten in Höhe von 42.287,21 € netto, entspricht 50.321,78 € inkl. Mehrwertsteuer, darüber hinaus einen Wiederbeschaffungswert (regelbesteuert) i.H.v. 28.487,39 € netto (33.900,00 € brutto) sowie einen Restwert i.H.v. 7.700,00 € brutto, mithin einen so genannten wirtschaftlichen Totalschaden am Fahrzeug.
Nachdem die Beklagte die Regulierung mit Schreiben vom 20.11.2016 abgelehnt hatte, wurde diese mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 17.03.2017 aufgefordert, die Leistungspflicht zu bestätigen und den Kaskoschaden in Höhe von 20.487,39 € bis zum 29.03.2017 zu regulieren. Beides lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 03.05.2017 ab.
Der Kläger behauptet, während der Unfallfahrt sei plötzlich ein Fuchs aus dem links neben der Fahrbahn gelegenen Gebüsch gesprungen und über die Fahrbahn gelaufen. Dieser sei sodann wieder zurückgesprungen, woraufhin der Kläger versucht habe, nach rechts auszuweichen. Er sei sodann von der Straße nach rechts abgekommen und beim anschließenden Gegensteuern sei das Fahrzeug ausgebrochen, nach links gesteuert und sodann mit dem Baum kollidiert. Trotz der Alkoholisierung sei letztlich das Ausweichmanöver infolge des plötzlichen Erscheinens des Fuchses und nicht etwa die absolute Fahruntüchtigkeit ursächlich für den Unfall gewesen.
Der Kläger ist der Ansicht, er habe den Versicherungsfall nicht grob fahrlässig herbeigeführt und die Obliegenheitsverletzung in Form der Alkoholisierung begründe auch keine (teilweise) Leistungsfreiheit.
Im Übrigen wäre die Beklagte im Falle der Annahme grober Fahrlässigkeit allenfalls berechtigt, die Leistung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechendem Maße zu kürzen. Wenngleich eine Kürzung auf null gemäß höchstrichterlicher Rechtsprechung möglich sei, seien doch stets bei der Leistungskürzung die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen.
Überdies sei der klägerische Anspruch auch gemäß den Grundsätzen des Rettungskostenersatzes gem. §§ 83, 82, 90 VVG berechtigt.
Der Kläger beantragt,
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, der Kläger habe den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt und ferner die vertragliche Obliegenheit nach D.2.1 der AKB grob fahrlässig verletzt, weshalb sie gem. D.3.1 der AKB berechtigt sei, die Leistungspflicht – im konkreten Fall auf null – zu kürzen.
Den Kausalitätsgegenbeweis sei der Kläger schuldig geblieben.
Die mündliche Verhandlung fand am 26.07.2018 statt. Eine Beweiserhebung ist nicht erfolgt.
Im Übrigen wird hinsichtlich des Sach- und Streitstands auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
A.
Die Klage ist zulässig.
Das Landgericht Saarbrücken ist gemäß § 215 Abs. 1 VVG örtlich und gemäß §§ 71 Abs. 1, 23 Nr. 1 sachlich zuständig.
Anhaltspunkte, die der Zulässigkeit der Klage entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich.
B.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch weder aus A.2.3.2 AKB i. V m. § 1 VVG, noch aus §§ 90, 83 Abs. 1 VVG zu.
I.
Ein Anspruch des Klägers besteht bereits dem Grunde nach nicht. Zwischen den Parteien ist streitig, ob für den streitgegenständlichen Unfall die Alkoholisierung des Klägers ursächlich war, so die Beklagte, oder das Ausweichen vor einem die Fahrbahn kreuzenden Fuchs, so der Kläger. Denn nach beiden denkbaren Varianten des Unfallgeschehens ist ein Anspruch des Klägers bereits nach dessen eigenem Vortrag auszuschließen, sodass auch eine Beweisaufnahme diesbezüglich unterbleiben konnte.
II.
Legt man den Vortrag des Klägers, ursächlich für den Unfall sei dessen Ausweichen vor einem die Fahrbahn kreuzenden Fuchs gewesen, zu Grunde, scheidet ein Anspruch nach A.2.2.4 AKB aus, weil es zu einem Zusammenstoß mit dem Tier nicht gekommen ist (OLG Koblenz, urt. v. 31.10.2003, Az.: 10 U 1442/02). Aber auch ein Anspruch aus §§ 90, 83 Abs. 1 VVG unter dem Aspekt der so genannten Rettungskosten scheidet hier aus.
Allerdings sind nur solche Aufwendungen zu ersetzen, die der Versicherungsnehmer den Umständen nach für geboten halten durfte. Hierbei ist auf die Sichtweise eines vernünftigen Versicherungsnehmers unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zum Handlungszeitpunkt abzustellen (MüKo-VVG/Staudinger, 2. Aufl. 2016, § 90, Rn. 11). Danach sind solche Maßnahmen als geboten anzusehen, die Erfolg versprechen und in ihrem Aufwand nicht außer Verhältnis zum angestrebten Erfolg stehen (OLG Saarbrücken, Urt. v. 26.01.2011, Az.: 5 U 356/10). Vorliegend ist ein Anspruch des Klägers aber wegen grober Fahrlässigkeit auf null zu kürzen. Denn eine mögliche Kollision mit einem kleinen Tier wie einem Fuchs rechtfertigt nicht die Einleitung eines Ausweichmanövers mit dem Risiko, von der Fahrbahn abzukommen, insbesondere wenn wie hier der Versicherungsnehmer mit einem Fahrzeug in der Größe eines VW Touareg fährt.
Grundsätzlich sind dem Versicherungsnehmer aber auch bei objektiv nicht gebotenen Rettungsmaßnahmen seine Aufwendungen zu ersetzen, wenn er sie nach den Umständen für geboten halten durfte (BGH, Urt. v. 25.06.2003, Az.: IV ZR 276/02). Allerdings ist der Anspruch des Klägers entsprechend zu kürzen, wenn er die Maßnahme grob fahrlässig für geboten hielt (BGH, Urt. v. 25.06.2003, Az.: IV ZR 276/02; Langheid/Rixecker/Langheid, VVG, 5. Aufl. 2016, § 90, Rn. 10 f.). Dies ist hier der Fall.
Beruht die Annahme des Versicherungsnehmers hinsichtlich einer fehlerhaft angenommenen Gebotenheit einer Rettungsmaßnahme auf grober Fahrlässigkeit, so ist sein Anspruch auf Rettungskosten entsprechend dem Maßstab seines Verschuldens abzusenken gemäß §§ 90, 83 Abs. 1, 81 Abs. 2 VVG. (OLG Saarbrücken, Urt. v. 26.01.2011, Az.: 5 U 356/10). Hierbei ist bei besonders schwerwiegendem verschulden auch eine Reduzierung auf null möglich (OLG Koblenz, Urt. v. 31.10.2003, Az.: 10 U 1442/02; Langheid/Rixecker/Langheid, VVG, 5. Aufl. 2016, § 81, Rn. 95 ff.). Grob fahrlässig handelt dabei derjenige Versicherungsnehmer, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen, wobei es sich auch um ein in subjektiver Sicht unentschuldbares Fehlverhalten handeln muss (OLG Saarbrücken, Urt. v. 26.01.2011, Az.: 5 U 356/10).
Vorliegend trägt der Kläger vor, er sei geistesgegenwärtig dem Fuchs ausgewichen zur Vermeidung der Kollision. Er legt somit dar, dass das Ausweichmanöver kein bloßer Reflex gewesen sei, sondern von dem Willen zur Unfallvermeidung gesteuert. Der Kläger hatte demgemäß die Gefahren, die von einem Ausweichmanöver mit der Möglichkeit, von der Straße abzukommen, für den PKW und dessen Insassen ausgehen mit der Möglichkeit der – hier offensichtlich nur geringfügigen – Schädigung des PKW durch die Kollision mit dem Fuchs.
Auch in solchen Fällen ist eine pauschale Reduzierung des Anspruchs auf null abzulehnen, viel mehr sind alle Umstände des Einzelfalls in die Abwägung miteinzubeziehen (OLG Saarbrücken, Urt. v. 26.01.2011, Az.: 5 U 356/10). Allerdings führt eben diese Abwägung, ausgehend von dem klägerischen Vortrag, zu einem derart groben Verschulden des Klägers, dass dem Gericht eine Reduzierung auf null angemessen erscheint.
Allgemein anerkannt ist, dass die Gefahren, die mit einer Kollision mit einem Fuchs einhergehen, für den Kraftfahrer und den PKW als geschütztes Interesse als nicht sehr hoch als nicht sehr hoch einzustufen sind, so dass ein willentliches Ausweichen vor einem Fuchs in der Regel ein grob fahrlässiges Fehlverhalten darstellt, das auch in subjektiver Hinsicht nicht entschuldbar ist (OLG Saarbrücken, Urt. v. 26.01.2011, Az.: 5 U 356/10; OLG Koblenz, Urt. v. 31.10.2003, Az.: 10 U 1442/02; Langheid/Rixecker/Langheid, VVG, 5. Aufl. 2016, § 90 Rn. 11; MüKo-VVG/Staudinger, 2. Aufl. 2016, § 90, Rn. 14; jurisPK-StVR/Reichel, 1. Aufl. 2016, § 81 VVG, Rn. 32). So liegt es auch hier. Besondere Umstände, weshalb der Kläger mit besonders hohen Risiken aufgrund der nahenden Kollision mit dem Fuchs hätte rechnen müssen, sind nicht dargetan. Dem gegenüber steht das einem solchen Ausweichmanöver naturgemäß innewohnende Schadensrisiko dadurch, dass man das Fahrzeug unter Umständen nicht mehr beherrschen und es so wie hier zu einer Kollision mit Bäumen neben der Fahrbahn kommen kann. Hiernach hätte ein vernünftiger Versicherungsnehmer in der Position des Klägers das Ausweichmanöver nicht vornehmen dürfen, sondern hätte in Anbetracht der nur sehr geringen drohenden Schäden weiterfahren müssen.
III.
Auch wenn man den alternativ denkbaren Geschehensablauf zu Grunde legt, dass nicht ein Ausweichen vor einem Fuchs unfallursächlich gewesen ist, sondern die Alkoholisierung des Klägers, führt dies nicht zu einem Anspruch des Klägers aus A.2.3.2 AKB i. V m. § 1 VVG. Denn aufgrund seiner Alkoholisierung trifft den Kläger eine Obliegenheitsverletzung, die seinen Anspruch im vorliegenden Fall gemäß A.2.16 lit. a) AKB vollumfänglich ausschließen.
Auch in diesem Kontext gilt, dass grob fahrlässig derjenige Versicherungsnehmer handelt, der objektiv die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen des Einzelfalls in ungewöhnlich großem Maße verletzt und nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen und wenn dieser Sorgfaltsverstoß in subjektiver Hinsicht unentschuldbar erscheint (OLG Saarbrücken, Urt. v. 30.10.2014, Az.: 4 U 165/13).
Unstreitig ergab eine Blutalkoholkontrolle ca. zwei Stunden nach dem streitgegenständlichen Unfall eine Blutalkoholkonzentration beim Kläger in Höhe von 1.57 ‰. Zu einem möglichen Nachtrunk oder anderen Umständen, die zu einer Herbeiführung dieses Ergebnisses nach dem Unfall beigetragen haben könnten, ist weder vorgetragen, noch sind Anhaltspunkte hierfür ersichtlich. Eine Rückrechnung erfolgt dabei wie im Strafrecht erst vom Zeitpunkt der Resorptionsphase an, sodass sie in den ersten zwei Stunden nach Trinkende nicht zulässig ist (Beckmann/Matusche-Beckmann/Heß/Höke, Versicherungsrechts-Handbuch, 3. Aufl. 2015, § 30, Rn. 48). Da nicht bekannt ist, wann der Kläger am streitgegenständlichen Tag aufhörte zu trinken ist nach diesen Maßstäben zu seinen Gunsten von Blutalkoholkonzentration in Höhe von 1,57 ‰ zum Unfallzeitpunkt auszugehen. Der Kläger hatte somit zum Unfallzeitpunkt die Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit, die auch im Versicherungsrecht bei 1,1 ‰ liegt (BGH, Urt. v. 11.01.2012, Az.: IV ZR 251/10; Beckmann/Matusche-Beckmann/Heß/Höke, Versicherungsrechts-Handbuch, 3. Aufl. 2015, § 30, Rn. 49; jurisPK-StVR/Reichel, 1. Aufl. 2016, § 81 VVG, Rn. 23), sogar bereits um 0,47 ‰ überschritten.
Für die notwendige Kausalität der Alkoholisierung des Klägers für den streitgegenständlichen Unfall spricht bereits der Beweis des ersten Anscheins (OLG Saarbrücken, Urt. v. 30.10.2014, Az.: 4 U 163/13; OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.11.2006, Az.: 4 U 193/05; Beckmann/Matusche-Beckmann/Heß/Höke, Versicherungsrechts-Handbuch, 3. Aufl. 2015, § 30, Rn. 49). Der Kläger trägt zwar vor, der Unfall habe nicht auf seinem Alkoholkonsum, sondern auf dem Ausweichen vor dem Fuchs beruht und wäre ihm so auch im nüchternen Zustand passiert. Eine Anhörung des Klägers als Partei – die im Übrigen deswegen ausgeblieben ist, weil der Kläger unentschuldigt trotz ordnungsgemäßer Ladung der mündlichen Verhandlung ferngeblieben ist – konnte hier unterbleiben, ebenso wie die Einholung eines Sachverständigengutachtens, was ebenfalls als Beweis angeboten wurde. Denn wie bereits dargelegt, existieren im vorliegenden Fall nur zwei denkbare Geschehensabläufe aufgrund des Fehlens alternativer Anhaltspunkte für die Unfallursache: Entweder trifft der Vortrag des Klägers, dass der Unfall nicht auf der Alkoholisierung sondern auf dem Ausweichen vor einem Fuchs beruhte. In diesem Fall hätte aber ein Anspruch des Klägers – wie unter „II.“ dargelegt – aufgrund der grob fahrlässigen Herbeiführung des Unfalls nicht bestanden. Aus diesem Grund konnte eine Beweisaufnahme zu der klägerischen Behauptung unterbleiben, da sie im Ergebnis nicht entscheidungserheblich gewesen wäre aufgrund der Rechtsfolge, ihre Wahrheit unterstellt. Auf die Frage, ob eine vollständige Reduzierung des Anspruchs deswegen vorzunehmen ist, weil der Unfall trotz des Ausweichens vor dem die Fahrbahn kreuzenden Tier zumindest auch durch die Alkoholisierung verursacht wurde, kommt es mithin hier nicht an (dies bejahend OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.11.2006, Az.: 4 U 193/05).
Alternativ ist der Unfall aufgrund der Alkoholisierung des Klägers eingetreten. Auch in diesem Fall ist dem Kläger ein Anspruch gegen die Beklagte aufgrund grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls vollständig zu versagen. Hat ein Versicherungsnehmer den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt, so darf der Versicherer seine Leistung nach dem Maß der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers kürzen. Bei der Bemessung des Umfanges der Kürzung ist – schon nach dem Wortlaut des Gesetzes – nicht von einem „festen“ oder „regelmäßigen Einstiegswert“ auszugehen, sondern es ist auf Grund einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls das konkrete Kürzungsmaß zu ermitteln (OLG Saarbrücken, Urt. v. 15.12.2010, Az.: 5 U 147/10). Bei der Bemessung der Leistungskürzung ist danach zu fragen, wie nahe die grobe Fahrlässigkeit beim bedingten Vorsatz oder aber bei der einfachen Fahrlässigkeit lag (OLG Saarbrücken, Urt. v. 15.12.2010, Az.: 5 U 147/10). Die genaue Bestimmung fußt für jeden Einzelfall auf einer Bewertung der konkreten, auf die Schwere des Verschuldens bezogenen Gesamtumstände. Bemessungskriterien sind vor allem die objektive Bedeutung der Obliegenheit für die Vermeidung des Risikos, das Gewicht, die Dauer und die Offenkundigkeit des Verstoßes gegen die Pflicht und die Vorhersehbarkeit seiner Folgen, außerdem der konkret erforderliche Aufwand für ihre Erfüllung einerseits und die Höhe des drohenden Schadens andererseits (OLG Saarbrücken, Urt. v. 15.12.2010, Az.: 5 U 147/10). Die zulässige Kürzung bewegt sich in einem Bereich von 0 bis 100 Prozent. Eine vollständige Kürzung auf null kommt auch bei grober Fahrlässigkeit im Einzelfall insbesondere dann in Betracht, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall dadurch grob fahrlässig herbeiführt, dass er sein Fahrzeug trotz absoluter Fahruntüchtigkeit im Verkehr geführt hat (BGH, Urt. v. 11.01.2012, Az.: IV ZR 251/10 und Urt. v. 22.06.2011, Az.: IV ZR 225/10; OLG Saarbrücken, Urt. v. 30.10.2014, Az.: 4 U 165/13; LG Saarbrücken, Urt. v. 18.02.2015, Az.: 14 O 108/14).
Zu diesem Ergebnis kommt das Gericht nach den soeben dargelegten Maßstäben auch im hier vorliegenden Fall. Hierfür spricht bereits die objektive Bedeutung der Rechtspflicht, gegen die der Kläger hier verstoßen hat. Denn das Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr in einem Zustand der alkoholbedingten absoluten Fahruntüchtigkeit gehört zu den schwersten Verkehrsverstößen überhaupt (BGH, Urt. v. 11.01.2012, Az.: IV ZR 251/10 und Urt. v. 22.06.2011, Az.: IV ZR 225/10). Die potentielle Gefährdung hierdurch sowohl für die eigene Person, als auch für die anderen Verkehrsteilnehmer sowie den eigenen PKW als versichertes Interesse ist erheblich. Hinzu kommt, dass der Kläger hier den Grenzwert zur absoluten Fahruntüchtigkeit bereits deutlich überschritten hatte, weshalb objektiv ein besonders gravierender Sorgfaltsverstoß besteht, der eine Kürzung der Versicherungsleistung auf null rechtfertigen kann (BGH, Urt. v. 11.01.2012, Az.: IV ZR 251/10 und Urt. v. 22.06.2011, Az.: IV ZR 225/10; LG Saarbrücken, Urt. v. 18.02.2015, Az.: 14 O 108/14).
Unter Berücksichtigung all dieser Umstände erscheint es dem Gericht gerechtfertigt, der Beklagten eine Leistungskürzung auf null zuzubilligen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709 S. 2 ZPO.
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