Der Verfasser hat kürzlich dargelegt, welche Folgen es haben kann, wenn die Haftung für Schäden aufgrund der Verletzung der Pflichten gem. §§ 60, 61 VVG der Höhe nach begrenzt wird. Insbesondere wurde auf die Gefahr hingewiesen, dass solche Klauseln, wie sie in der Branche weitgehend üblich sind, u. U. wegen eines Verstoßes gegen § 67 VVG gänzlich unwirksam sein könnten, mit der Folge, dass der Makler letztlich für alle Schäden unbegrenzt haften würde.
Dieser Beitrag ist kritisiert worden. Bevor darauf näher eingegangen wird, ist zunächst etwas klarzustellen: Der Verfasser hat in seinem Beitrag vom 23. März 2009 nicht seine Meinung in dem Sinne geäußert, dass er es befürwortet bzw. für gut heisst, dass die neue Gesetzeslage den bisher gebräuchlichen Maklerklauseln womöglich entgegensteht. Er hat lediglich, gemäß dem Grundsatz des „sichersten Weges“, darauf hingewiesen, welche Folgen sich bei konsequenter, den allgemeinen Regeln juristischer Gesetzesauslegung entsprechender Anwendung der Neuregelungen, ergeben. Ob diese Folgen vom Gesetzgeber beabsichtigt bzw. überhaupt gesehen wurden, kann ebenso wenig abschließend beantwortet werden wie die Frage, ob womöglich die Rechtsprechung eine teleologische Reduktion der einschlägigen Normen vornehmen wird. Gerade im Hinblick auf diese Unsicherheiten ist es für den Makler aber wichtig, sich möglicher Gefahren bei der vertraglichen Haftungsbegrenzung bewusst zu sein. Hier bleibt es dabei, dass sich aus den §§ 63, 67 VVG ihrem Wortlaut nach eindeutig ergibt, dass eine Haftungsbeschränkung der Höhe nach bei Verletzungen der Pflichten aus den §§ 60, 61 VVG unzulässig ist. Dazu nun – unter Berücksichtigung der Argumente der Kritiker – im Einzelnen:
1.) Wortlaut
Der Wortlaut der §§ 67, 63 VVG ist unmissverständlich. § 67 VVG verbietet Abweichungen zu Lasten des Kunden von den §§ 60-66 VVG, diese Normen sind also halbzwingend. § 63 VVG verpflichtet den Makler zum „Ersatz des Schadens, der dem Versicherungsnehmer durch die Verletzung einer Pflicht nach § 60 oder § 61 entsteht“ (Hervorhebung durch Verf.). Wird nun vertraglich geregelt, dass der Versicherungsmakler bei Verletzungen dieser Pflichten nur bis zu einer bestimmten Summe haftet, so stellt dies eindeutig eine Abweichung von § 63 VVG zum Nachteil des Kunden und somit einen Verstoß gegen § 67 VVG dar. Denn der Kunde erhält entgegen § 63 VVG eben nicht den Schaden, also den vollen Schaden ersetzt, sondern nur einen Teilbetrag.
Dass die bislang gebräuchlichen Maklerklauseln zur Haftungsbegrenzung dieser Rechtslage nicht Rechnung tragen, ist in Anbetracht der vorstehenden Auslegung des Gesetzweswortlauts schwer zu widerlegen. Der Gesetzgeber hätte auch darauf verzichten können, § 63 VVG in die Reihe der halbzwingenden Vorschriften aufzunehmen. Er hat dies jedoch nicht getan, so dass es ihm offenbar bewusst darauf ankam, den Versicherungsmakler für entsprechende Pflichtverletzungen unbegrenzt auf den vollen Schaden haften zu lassen. Dieses Ergebnis – dass man wie bereits erwähnt nicht begrüßen muss – ist auch unter Heranziehung der gegen diese Einschätzung vorgebrachten Argumente nicht zu umgehen. Im Einzelnen:
2.) Analogie zu anderen beratenden Berufen
Die Verfechter einer generellen Haftungsbegrenzung der Höhe nach auf die gesetzliche Mindestversicherungssumme argumentieren, dass die Haftung des Versicherungsmaklers in Analogie zu den bestehenden Haftungskonzepten für andere beratende Berufe (z. B. Rechtsanwälte, Steuerberater, usw.) vom Gesetzgeber geschaffen worden ist. In diesen anderen beratenden Berufen ist es jedoch möglich, die Haftung des Handelnden auf die Höhe seiner gesetzlichen Mindestversicherung zu begrenzen. Folglich müsse dies auch für den Versicherungsmakler gelten.
Den oberen Ausführungen ist sicherlich insoweit zuzustimmen, als dass der Gesetzgeber tatsächlich ein im Vergleich zu anderen beratenden Berufen ähnliches Haftungssystem schaffen wollte. Mit der Bestimmung der §§ 67, 63 VVG wich er hiervon jedoch bewusst ab. Für eine zulässige Analogie fehlt es mithin schon an einer rechtlich erforderlichen „Regelungslücke“. Folglich ist eine Abweichung von der unbegrenzten Haftung des Maklers auf den Schaden gem. § 63 VVG nicht möglich. In den Rechtsnormen für die Haftung von anderen beratenden Berufen findet sich eine solche ausdrückliche Regelung nicht, weshalb eine Haftungsbegrenzung der Höhe nach dort prinzipiell möglich ist.
Dass eine Begrenzung auf die Mindestsumme nicht in allen Fällen vom Gesetzgeber als zwingend erachtet wird, zeigen die einschlägigen Beispiele aus dem BGB (grobe Fahrlässigkeit, Leben, Körper und Gesundheit). In Anbetracht der §§ 67, 63 VVG wird man hinzunehmen haben, dass der Gesetzgeber hier offenbar eine weitere Einschränkung der Klauselgestaltungsfreiheit geschaffen hat.
3.) Kein weiterreichendes Kundeninteresse
Weiter argumentieren die Verfechter einer generellen Haftungsklausel, dass das Interesse des Kunden am Ausgleich eines durch den Makler verursachten Schadens nur bis zur Höhe der gesetzlichen Mindestversicherungssumme reicht. Ein darüber hinaus bestehendes schutzwürdiges Interesse bestehe nicht. Dem ist entgegen zu halten, dass die Höhe der Mindestversicherungssumme lediglich Auskunft darüber gibt, in welcher Höhe der Gesetzgeber eine Rückabsicherung des Maklers für notwendig erachtet, um wahrscheinliche Schadensfälle zu regulieren. Dabei wird jedoch keine Aussage über das Interesse des Kunden an einer umfangreichen Regulierung des entstandenen Schadens getroffen. Der Kunde, als durch den Makler geschädigte Person, hat grundsätzlich immer ein schutzwürdiges Interesse am Ersatz seines gesamten Schadens, wie es die deutsche Rechtsordnung grundsätzlich regelt.
4.) Kundenvertrauen
Ferner argumentieren die Verfechter einer generellen Haftungsbegrenzung, dass das Vertrauen des Kunden nicht berührt wird, da die Haftung des Maklers nicht dem Grunde nach, sondern lediglich der Höhe nach begrenzt wird. Dem ist entgegenzuhalten, dass der Kunde in erster Linie auf die Anwendung der gesetzlichen Regelung der §§ 67, 63 VVG vertrauen dürfte und damit auf die unbegrenzte Haftung des Versicherungsmaklers bei entsprechenden Pflichtverletzungen. Weiter wird der Kunde gerade durch die Sachkunde des Maklers davon ausgehen, dass die vom Makler empfohlenen Verhaltensweisen richtig sind. Aufgrund der besonderen Sachkunde des Maklers hat der Kunde also auch ein besonders schützenswertes Vertrauen. Eine Begrenzung der Haftung der Höhe nach könnte das Kundenvertrauen daher erheblich verletzen.
5.) Unbilligkeit der unbegrenzten Haftung
Außerdem argumentieren die Verfechter einer generellen Haftungsbegrenzung, dass eine unbegrenzte Haftung des Maklers unbillig wäre, da der Makler, selbst wenn er dies wollte, keinen unbegrenzten Deckungsschutz in seiner Berufshaftpflichtversicherung erlangen könnte.
Dem ist sicher zuzugeben, dass eine unbegrenzte Haftung eine beachtliche Härte bedeutet. Dennoch ist grundsätzlich festzuhalten, dass derjenige, der ein Gewerbe betreibt, auch für seine Geschäfte haftet. Eine Haftungsfreistellung kann dabei nur eine rechtfertigungsbedürftige Ausnahme sein. Diese ist, wo es das Gesetz erlaubt, durch vertragliche Vereinbarung möglich. Ansonsten hat der Gewerbetreibende die Haftung persönlich und unbegrenzt zu tragen, wie es auch im Bereich der gesetzlich geregelten Fälle des BGB (grobe Fahrlässigkeit, Leben, Körper und Gesundheit) gilt. Sofern er seinen Gewerbebetrieb infolge eines erhöhten Haftungsrisikos nicht ausüben kann bzw. will, so steht es ihm offen, seinen Gewerbebetrieb in der Rechtsform einer juristischen Person zu betreiben und seine persönliche Haftung damit einzugrenzen. Eine entgegen den gesetzlichen Vorschriften erfolgte vertragliche Haftungsbegrenzung ist jedoch jedenfalls unwirksam. Eine Argumentation auf Billigkeitsebene ist daher unzulässig, mag sie auch auf den ersten Blick naheliegend erscheinen.
6.) Rechtsfolgen der generellen Haftungsbeschränkung
Schlussendlich argumentieren die Verfechter einer generellen Haftungsbegrenzung, dass selbst bei Unwirksamkeit einer generellen Haftungsbegrenzung der Höhe nach keine rechtlichen Nachteile für den Verwender entstehen würden. Dem ist jedoch nicht zuzustimmen. Bei der Verwendung einer generellen Haftungsbegrenzung ohne Ausnahmen ist stets die gesamte Haftungsklausel als unwirksam zu erachten. Eine geltungserhaltene Reduktion findet nicht statt. Dies führt dazu, dass der Makler auch in Fällen unbegrenzt haftet, in welchen eine Haftungsbegrenzung der Höhe nach zulässig gewesen wäre. So haftet er bei der Verwendung einer generellen Haftungsbegrenzung auch unbegrenzt im Bereich der Betreuungsfehler, welche einen Großteil der Haftungsgefahr für einen Makler darstellt. Dies betrifft Fehler bei der weiteren Betreuung des Kunden, z. B. bei der Umstellung oder Anpassung des vermittelten Versicherungsvertrages, sowie der Beratung im Schadensfall.
7.) Fazit:
Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die Anwendung der §§ 67, 63 VVG naheliegend ergibt, dass eine Haftungsbeschränkung auf eine bestimmte Höhe insoweit unwirksam ist, als davon auch Schäden aufgrund von Verletzungen der Pflichten gemäß §§ 60, 61 VVG umfasst sind. Wird dies bei den verwendeten Haftungsklauseln nicht berücksichtigt, droht – im Falle einer gerichtlichen Überprüfung – die Unwirksamkeit der gesamten Klausel. Zur Wahrung des „sichersten Weges“ ist daher bis auf Weiteres eine Haftungsklausel zu empfehlen, welche die Haftung des Maklers der Höhe nach mindestens auf die gesetzliche Mindestversicherungssumme begrenzt und neben der Ausnahme für vorsätzliches und grob fahrlässiges Handeln nach § 309 Nr. 7b BGB und für eine Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit nach § 309 Nr. 7a BGB auch eine Ausnahme für eine Verletzung der Pflichten aus §§ 60, 61 VVG vorsieht. Danach empfehlen wir die Verwendung folgender Klausel:
„Die Haftung des Maklers ist auf den Betrag von € 1,5 Mio. begrenzt. Dies gilt nicht für Schäden, die auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Maklers, auf einer Verletzung des Lebens, des Körpers, oder der Gesundheit oder einer Verletzung der Pflichten aus § 60 VVG oder § 61 VVG beruhen.“
Sicherlich ist einzuräumen, dass die Auslegung juristischer Normen immer einen gewissen Spielraum bietet. So ist natürlich keineswegs ausgeschlossen, dass in zukünftigen höchstrichterlichen Entscheidungen – insbesondere unter Rückgriff auf das Rechtsinstitut der teleologischen Reduktion – eine vom Vorstehenden abweichende Interpretation der einschlägigen Normen erfolgt. So lange dies aber nicht der Fall ist, empfiehlt sich zur Vermeidung unnötiger Risiken die hier vorgeschlagene Vorgehensweise, die dem Wortlaut der Normen gerecht wird. Wie oben gezeigt wurde, sprechen auch darüber hinaus nicht unbedingt zwingende teleologische Argumente gegen die hier entwickelte Auffassung.