Was ist die EIOPA eigentlich? Und was kann sie überhaupt?

von Stephan Michaelis

(Hamburg, den 12.04.2017) Der Name EIOPA ist selbst in der Versicherungswelt nicht allen ein Begriff, dabei handelt es sich bei der „Europäischen Behörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersvorsorge“ letztlich um die oberste Aufsicht in eben dieser Branche. Im Zuge der Umsetzung der europäischen Richtlinie zur Versicherungsvermittlung geistert die EIOPA erstmals auch für viele Versicherungsmakler durch Ihre Arbeitsrealität. Den Versicherungsunternehmen hingegen ist die EIOPA schon länger ein Begriff, schließlich sind sie auch viel eher durch aufsichtsrechtliches Handeln betroffen als der einfache Makler. Doch alles in allem wissen nur die wenigsten, welche Befugnisse die EIOPA hat und wie sie auf den Versicherungsmarkt wirkt.

„Finanzmärkte sind heute nicht mehr national, sondern europäisch und global ausgerichtet, sodass auch die Aufsicht europäisch und global sein muss.“

Die EIOPA wurde am 24. November 2010 mit der EU-Ratsverordnung 1094/2010 in das Leben gerufen und hat Ihren Sitz in Frankfurt am Main. Gemeinsam mit ihren Schwesterbehörden von der Banken- (EBA) und Wertpapieraufsicht (ESMA) bildet sie das sogenannte „Europäische Finanzaufsichtssystem“, welches nach der Weltfinanz- und Eurokrise ab 2007 etabliert wurde, um durch gemeinsame Aufsichtsarbeit die Wiederholung solch zerstörerischer Ereignisse zu vermeiden. Der ehemalige Präsident der Europäischen Kommission José Manuel Barroso begründete diese Entwicklungen so: „Finanzmärkte sind heute nicht mehr national, sondern europäisch und global ausgerichtet, sodass auch die Aufsicht europäisch und global sein muss.“

Als gänzlich neugeschaffene Behörde hat die EIOPA keinen unmittelbaren Vorgänger. Dennoch ging sie im Endeffekt aus CEIOPS, dem Versicherungsausschuss der Europäischen Aufsichtsbehörden hervor, der ein reines Beratungsgremium ohne Durchsetzungskompetenz gewesen ist. Die EIOPA hingegen wurde mit weiterreichenden Kompetenzen ausgestattet, wobei die Zielrichtung ihres Wirkens auf die Förderung und Durchsetzung von Unionsrecht limitiert ist. Hierin besteht ein wichtiges Abgrenzungskriterium gegenüber den nationalen Aufsichtsbehörden, das unter anderem auch deren Hoheit weitestgehend bewahrt.

Technische Durchführungs- und Regulierungsstandards als Instrument des Handelns

Die EIOPA hat verschiedene Befugnisse, wobei ihre Rolle beim Erlass von sogenannten „Technischen Standards“ wohl die wichtigste ist. Technische Regulierungs- und Durchführungsstandards sind delegierte Rechtsakte, die der Konkretisierung von Basisrechtsakten, also de facto „größeren“ Verordnungen dienen. Seit Inkrafttreten des Lissaboner Vertrags in 2009 können der EU-Rat und das EU-Parlament in Gesetzgebungsakten gemäß Art. 290 AEUV die Kommission ermächtigen solche delegierten Rechtsakte zu erlassen. Hierbei geht es darum die Detailflut in den eigentlichen Gesetzgebungsakten zu reduzieren. Mittels „Technischer Standards“ werden die Basisakte dann ergänzt, ausgeformt und konkretisiert.

Die EIOPA ist im Rahmen ihres versicherungsrechtlichen Aufgabenbereichs damit betraut die entsprechenden „Technischen Standards“ zu entwerfen und der Kommission zur Verabschiedung vorzulegen. Damit hat die EIOPA nicht nur eine „quasi-legislative“ Kompetenz, sondern kann ganz entscheidend auf die tatsächliche Anwendung von Unionsrecht einwirken. Welchen Einschlag solche Regulierungsstandards haben kann man am Beispiel der „PRIIP-VO“ sehen, die Versicherungsunternehmen aufgibt, bestimmte Lebensversicherungsprodukte aufgrund ihres Investmentcharakters mit einem Risikoindikator auszuweisen. Hier bestimmen dann Regulierungsstandards wie genau der Indikator durch die Versicherungsunternehmen zu berechnen und bestimmen ist. Auch hinsichtlich der Vermittlerrichtlinie IDD existiert bereits ein Dossier, welches mögliche Regulierungsstandards behandelt.

EIOPA kann auch direkt gegenüber der BaFin oder Einzelunternehmen tätig werden

Zusätzlich kommt der EIOPA eine Überwachungsfunktion zu, die sie gegenüber den nationalen Aufsichtsbehörden – wie etwa der BaFin – ausübt. Hierzu formuliert sie Leitlinien, welche die Umsetzung oder Durchführung von Unionsrecht behandeln. Diese Anweisungen sind unverbindlich und daher juristisch gesehen nicht sonderlich werthaltig. Allerdings sind eben diese Richtlinien bei der Überprüfung von Behördenhandeln vor deutschen Gerichten wegen Art. 4 Abs. 3 EUV auslegungserheblich, sodass von ihnen mittelbar auch eine rechtliche Wirkung ausgeht. Hinzu kommt, dass die EIOPA im Falle einer Zuwiderhandlung durch die BaFin eine öffentliche Bekanntmachung vornehmen kann, in der eben diese Zuwiderhandlung europaweit kommuniziert wird. Durch dieses Prozedere des „naming and shamig“ ergibt sich ein faktischer Befolgungsdruck.

In seltenen Ausnahmefällen kann die EIOPA sogar gegenüber einem einzelnen Versicherungsunternehmen tätig werden. So ein Vorgehen kommt lediglich dann in Betracht, wenn Unionsrecht durch nationale Behörden nicht umgesetzt wird. Die EIOPA leitet sodann ein Untersuchungsverfahren ein, dass mit einer Einzelfallentscheidung gemäß
Art. 17 Abs. 6 VO (EU) 1094/2010 gegenüber dem beaufsichtigten Versicherungsunternehmen endet. In einem solchen Fall ist die Entscheidung der EIOPA vorrangig gegenüber Entscheidungen der BaFin. Zu den weiteren Kompetenzen der EIOPA, die im Rahmen dieses Beitrags nicht erörtert werden können, gehören die Vermittlung zwischen Aufsichtsbehörden verschiedener EU-Staaten sowie Sonderbefugnisse im Falle einer erneuten Finanzkrise.

Kaum direkte Auswirkungen auf den Versicherungsmakler

Dass die EIOPA in der Praxis nicht die Bedeutung hat, auf welche ihre Position als oberste Aufsichtsbehörde schließen lässt, wird schon deutlich, wenn man sie mit der BaFin als deutsche Aufsicht vergleicht. Während bei der BaFin über 2.500 Personen beschäftigt sind, kommt die EIOPA nur auf wenig mehr als 100 Mitarbeiter. Dies findet seine Begründung vor allem in dem auf Unionsrecht beschränkten Anwendungsbereich der EIOPA. Nichtsdestotrotz hat die EIOPA ganz entscheidende Leitungs- und Einflussmöglichkeiten, sobald es um die Umsetzung von Unionsrecht geht und die Regelungsdichte im EU-Recht nimmt zu. Dennoch betreffen diese Kompetenzen vornehmlich die Versicherungsunternehmen, da sie regelmäßig Adressat unionsrechtlicher Regelungen sind. Mithin wirkt sich das Handeln bisher nur mittelbar auf den Versicherungsmakler aus, wenn Versicherer die Auswirkungen aufsichtsrechtlicher Vorgaben an den Makler durchreichen. Eine unmittelbare Relevanz der EIOPA für den Versicherungsmakler ergibt sich nur dann, wenn die Versicherungsvermittlung durch Unionsrecht betroffen ist. Dementsprechend kann die EIOPA im Zuge der Umsetzung der IDD (Versicherungsvertriebsrichtlinie) für den Makler wichtig werden.